Moskau lässt siebenfache Mutter frei
4. Februar 2015Die Petition hat im Kreml offenbar Eindruck gemacht: Nachdem zehntausende Unterzeichner die Freilassung von Swetlana Dawydowa gefordert hatten, durfte die 36-Jährige noch am selben Tag das Hochsicherheitsgefängnis Lefortowo verlassen. Die gegen sie erhobenen Vorwürfe sind allerdings noch nicht aus der Welt.
"Swetlana ist frei", verkündete ihr Anwalt Iwan Pawlow auf Facebook. "Sie kehrt nach Hause zurück zu ihren Kindern." Dawydowas Mann Anatoli Gorlow sagte der Nachrichtenagentur AFP, die gegen seine Frau erhobenen Anschuldigungen bestünden weiter. Nur die Bedingungen ihrer Untersuchungshaft seien geändert worden.
Dawydowa wird Landesverrat vorgeworfen. Bei einer Verurteilung drohen ihr bis zu 20 Jahre Haft.
"Sie hasst den Krieg"
Vor einigen Monaten hatte sie im Bus ein Gespräch russischer Soldaten mitgehört und daraus geschlossen, dass russische Armee-Angehörige - entgegen aller Beteuerungen des Kremls – doch für die moskautreuen Separatisten in der Ostukraine kämpfen. Die 36-Jährige rief daraufhin die ukrainische Botschaft in Moskau an. Sie habe das nicht getan um Russland zu schaden, "sondern weil sie den Krieg hasst", sagt Ehemann Anatoli.
Ermittler des russischen Inlandsgeheimdienstes FSB hatten Dawydowa dann Ende Januar aus ihrer Wohnung in Wjasma rund 240 Kilometer westlich von Moskau abgeführt und ins Hochsicherheitsgefängnis Lefortowo gesteckt. Anatoli Gorlow blieb mit den sieben Kindern zurück, darunter die zweieinhalb Monate alte Tochter, die noch gestillt wurde.
"Wie bei Stalin"
Der Fall sorgte landesweit für Empörung. 50.000 Russen - darunter prominente Schriftsteller, Regisseure und Fernsehstars - forderten Präsident Wladimir Putin in einem offenen Brief auf, "gnädig" zu sein: "Wir hoffen, dass die Ermittlungen und ein möglicher Prozess mit den Normen des Gesetzes übereinstimmen werden", heißt es darin.
Zu den Unterzeichnern der Petition gehören Natalja Solschenizyna, die Witwe des Literaturnobelpreisträgers Alexander Solschenizyn, sowie Filmregisseur Andrej Swjaginzew und die Schauspielerin Tschulpan Chamatowa. Die beliebte Schauspielerin Lija Achedschakowa sagte in einem Radio-Interview, sie würde "absolut alles" tun, um der Frau zu helfen – und zog sogleich einen Vergleich mit der Verfolgung von Dissidenten in der Stalin-Zeit: "Das ist ein Signal von unvorstellbarer Abscheulichkeit", sagte Achedschakowa, "das ist 1938".
rb/se (afp, dpa)