Moskau droht USA Konsequenzen an
15. Juni 2015Die Führung in Moskau will eine mögliche Verstärkung der US-Militärpräsenz in osteuropäischen Staaten nicht tatenlos hinnehmen. "Russland wird nichts anderes übrig bleiben als seine Truppen und Ressourcen an der westlichen Flanke zu verstärken", sagte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums, General Juri Jakubow, nach einer Meldung der russischen Nachrichtenagentur Interfax. Die geplante Aufrüstung an der Grenze sei "die aggressivste Maßnahme" der USA und der NATO seit Ende des Kalten Krieges.
Die russische Antwort werde wahrscheinlich die beschleunigte Stationierung von Iskander-Raketen (Artikelbild) in der Exklave Kaliningrad sowie eine Verstärkung russischer Truppen in Weißrussland einschließen. Man habe freie Hand für das Organisieren von Gegenmaßnahmen, um die westliche Grenze besser zu sichern, sagt Jakubow.
Panzer in Osteuropa einlagern?
Am Wochenende war bekannt geworden, dass die USA erwägen, schwere Waffen in mehrere Länder Osteuropas und des Baltikums zu verlegen. Wie die "New York Times" berichtete, soll nach Plänen des Pentagon militärische Ausrüstung für bis zu 5000 US-Soldaten in Estland, Lettland und Litauen sowie in Polen, Rumänien, Bulgarien und möglicherweise auch in Ungarn gelagert werden. Die USA würden damit zum ersten Mal seit dem Ende des Kalten Krieges über schweres Kriegsgerät wie Kampfpanzer in neueren NATO-Staaten verfügen, die früher zum Einflussgebiet der Sowjetunion gehörten. Ziel sei es, Russland von einer Aggression in Europa abzuschrecken.
Laut "New York Times" handelt es sich bisher nur um einen Vorschlag, dem das Weiße Haus und Verteidigungsminister Ashton Carter noch zustimmen müssten. Ein Pentagon-Sprecher sagte dem Blatt, bisher sei noch keine Entscheidung getroffen worden. Dem Bericht zufolge hofft das Pentagon bis zu einem Treffen der NATO-Verteidigungsminister Ende Juni in Brüssel auf grünes Licht. Der Sprecher der russischen Regierung, Dmitri Peskow, erklärte, solange die USA nicht offiziell zu den Plänen Stellung nehmen würden, wolle er den Vorgang nicht kommentieren.
Bestätigung aus Polen
Polen und Litauen bestätigten, es gebe mit der US-Regierung Gespräche über die Lagerung schwerer Waffen in ihren Ländern. Polens Verteidigungsminister Tomasz Siemoniak erklärte in Warschau, er erwarte eine Entscheidung der USA in den kommenden Wochen. Er habe die Pläne bereits bei seinem USA-Besuch vor vier Wochen mit seinem Kollegen Carter erörtert. Sein Land setze sich schon seit langem für eine stärkere Präsenz des US-Militärs in Osteuropa ein. Die Verlegung von US-Kriegsgerät in die Region wäre in diesem Zusammenhang ein "sehr wichtiger" Schritt, sagte Siemoniak.
Osteuropäer und Balten sind seit der Annexion der Krim durch Russland im Frühjahr 2014 und wegen des Ukraines-Konflikts zusehends beunruhigt über die Politik ihres großen Nachbarn. Dazu trägt auch die Ausweitung der russischen Militärpräsenz in der Ostsee sowie im Luftraum an ihren Grenzen bei. Im April beantragten die Balten bei der Nato die dauerhafte Stationierung tausender Soldaten zu ihrem Schutz.
Neue Kämpfe in Ostukraine
In der Ukraine selbst nahm die Intensität der Kämpfe nach Regierungsangaben zuletzt zu. An zentralen Stellen des Frontverlaufs zwischen Regierungstruppen und prorussischen Rebellen würden ununterbrochen Stellungen des Militärs mit Artillerie beschossen, sagte ein ukrainischer Militärsprecher. Bei Kämpfen in der Ostukraine seien mindestens zwei Soldaten getötet und 20 verletzt worden, teilte der Sprecher mit. Die Gefechte konzentrierten sich auf die Region nördlich des Donezker Flughafens sowie auf die Vororte Marjinka und Krasnohoriwka westlich der Großstadt.
Im Gegenzug warfen die Separatisten der Armee vor, ein Wohngebiet im Westen von Donezk unter Feuer genommen zu haben. Auch im Gebiet Luhansk berichteten die Aufständischen von Verstößen gegen die eigentlich seit Februar geltende Waffenruhe. Beobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) sprechen trotz des Friedensplans für den Donbass von einer Verschärfung der Lage. Seit Beginn der Kämpfe im April 2014 wurden nach UN-Schätzungen mehr als 6400 Menschen getötet.
kle/rb (rtr, efe, dpa, afp, rt.com)