Gewalt lohnt sich leider doch
16. Oktober 2014Komplett abgeschrieben hatten die meisten Mosambikaner Afonso Dhlakama nach den letzten Wahlen vor fünf Jahren. Kaum jemand hielt den Führer der ehemaligen Rebellenbewegung RENAMO - Nationaler Widerstand Mosambiks - mehr für eine ernstzunehmende Konkurrenz der allmächtigen Regierungspartei FRELIMO, der Front für die Befreiung Mosambiks. Zu krude wirkten Dhlakamas politische Ideen, zu autoritär sein Führungsstil in der eigenen Partei, zu unprofessionell der Auftritt der RENAMO. Vielen Mosambikanern ging Dhlakama zudem auf die Nerven mit seinen ewigen Drohungen, zurück in den Busch zu gehen und wieder Krieg zu führen.
Doch im vergangenen Jahr setzte Dhlakama nach 20 Jahren Frieden seine Drohgebärden in die Realität um. Er begann einen Kleinkrieg gegen Polizei, Militär und Regierung. Bis zu einem erneuten Frieden im August starben in diesem bewaffneten Kampf mindestens 54 Menschen, darunter auch unbeteiligte Zivilisten.
Mit diesem gewaltsamen Protest gegen die Übermacht der FRELIMO und gegen die schamlose Bereicherung einiger weniger an den Rohstoffvorkommen des Landes hat Dhlakama offenbar einen Nerv getroffen. Menschenmassen strömten in den vergangenen Wochen zu den Wahlkampfauftritten des 61-jährigen RENAMO-Führers. Manch einer sprach schon entrückt vom „Messias“. An den Urnen konnte Dhlakama deutlich zulegen und das Ergebnis im Vergleich zu den vorherigen Wahlen etwa verdoppeln.
Um den Sieg des FRELIMO-Kandidaten Filipe Nyusi zu verhindern, reichte es nicht. Aber Dhlakama hielt so die Oppositionskonkurrenz von der Demokratischen Bewegung Mosambiks (MDM) auf Distanz. Deren Präsidentschaftskandidat Daviz Simango hatte sich vor Jahren frustriert von der RENAMO abgewandt und mit dem MDM eine Partei gegründet, die sich klar von militärischen Aktionen distanzierte. Sie hatte bei den Kommunalwahlen im vergangenen November, an denen die RENAMO nicht teilnahm, noch deutlich zugelegt. Bei den Wahlen jetzt blieb der erhoffte Aufschwung aber aus.
Stimmengewinne trotz Gewalt
Dass sich die Gewalt der RENAMO offenbar in Stimmgewinnen ausgezahlt, ist eine fatale Botschaft. Dass Dhlakama mit dem Buschkampf seiner bewaffneten RENAMO-Kämpfer Erfolg gehabt hat, wird ihn in seiner kriegerischen Rhetorik bestätigen. Dabei hätte Mosambik friedliche Konfliktlösungen nötig.
Doch genauso, wie nach dem Frieden 1992 darauf verzichtet wurde, den blutigen Bürgerkrieg aufzuarbeiten, haben beide Parteien FRELIMO und RENAMO auch beim neuerlichen Friedensabkommen in September dieses Jahres erneut auf eine Wahrheitskommission verzichtet. Stattdessen gilt eine Amnestie für alle Verbrechen, die während des Kampfs begangen wurden.
Unruhen drohen wie 1999
Das Risiko ist groß, dass es nun zu weiteren Unruhen kommt und sich ein Szenario wie nach den Wahlen 1999 wiederholt. Damals hatte Dhlakama die Wahlen knapp verloren. Beobachter stellten schwerwiegende Unregelmäßigkeiten fest. Bei Unruhen starben in der Folge damals mehr als 40 Menschen.
Auch bei diesen Wahlen gab es eine ganze Reihe von Unregelmäßigkeiten. Vor allem in den Hochburgen der Opposition wie den Provinzen Nampula, Zambézia und Sofala fehlten Wählerlisten, Wahllokale öffneten mit stundenlanger Verspätung und es gab zahlreiche Berichte über Versuche, die Urnen mit zusätzlichen Stimmzetteln für die FRELIMO zu „füllen“. Längere Stromausfälle am Wahlabend schürten die Nervosität der Opposition.
FRELIMO und RENAMO müssen sich ändern
Beide Seiten müssen nun endlich ihre Hausaufgaben machen. Dhlakama sollte sich ganz klar für friedliche Proteste entscheiden, gerade jetzt, wo die RENAMO erklärt hat, dass sie aufgrund der Unregelmäßigkeiten das Wahlergebnis nicht anerkennen will.
Die FRELIMO dagegen und der zukünftige Präsident Filipe Nyusi müssen der Gewalt und der Frustration vieler Mosambikaner den Nährboden entziehen. Sie müssen alle Unregelmäßigkeiten bei den Wahlen transparent aufklären. Ihre Parteiführer müssen aufhören, sich an den Rohstoffvorkommen des Landes zu bereichern. Und die FRELIMO muss Partei und Staat strikt trennen.
Wenn das geschieht, dann könnten die Wahlen 2014 vielleicht einmal als großer Schritt in ein friedliches und demokratisches Mosambik in die Geschichte eingehen.