Mordanklage nach Schüssen auf Schwarzen
18. Juni 2020Der inzwischen aus dem Dienst entlassene weiße Polizist Garrett Rolfe soll den Schwarzen Rayshard Brooks niedergeschossen haben, obwohl von diesem "keine lebensgefährliche Bedrohung" ausgegangen sei, sagte Staatsanwalt Paul Howard (Artikelbild). Rolfe habe Brooks zudem getreten, als dieser schwerverletzt am Boden gelegen habe.
Die Staatsanwaltschaft bereitet insgesamt elf Anklagepunkte, darunter auch Mord, gegen den Ex-Polizisten vor. Auf Mord stehen im Bundesstaat Georgia, dessen Hauptstadt Atlanta ist, lebenslange Haft oder sogar die Todesstrafe. Gegen Rolfe wurde ein Haftbefehl ausgestellt.
Zwei Schüsse in den Rücken
Rolfe hatte Brooks mit zwei Schüssen in den Rücken getötet, als der 27-Jährige sich der Festnahme entziehen wollte. Dabei war es zu einem heftigen Handgemenge mit den beiden weißen Polizisten gekommen, bei dem Brooks einem Beamten einen Elektroschocker entriss und wegrannte.
Ein Video zeigt, wie Brooks sich im Laufe der Verfolgungsjagd kurz umdreht und den Taser auf den Polizisten Garrett Rolfe abfeuert, offenbar ohne ihn zu treffen. Rolfe zieht seine Dienstwaffe und schießt dem weiterrennenden Brooks in den Rücken.
Staatsanwalt Howard sagte, Rolfe habe den am Boden Liegenden zusätzlich getreten. Über zwei Minuten habe sich niemand um Brooks gekümmert, während er um sein Leben gekämpft habe. Eine Kugel des Polizisten hatte ihn demzufolge ins Herz getroffen. In einer ersten Aussage habe der Polizist danach "Ich habe ihn erwischt" gesagt.
"Niemals aggressives Verhalten"
"Wir sind zu dem Schluss gekommen, dass Brooks zu dem Zeitpunkt, zu dem er erschossen wurde, keine unmittelbare Bedrohung für die Polizisten darstellte", sagte Staatsanwalt Howard. Der Getötete habe zuvor in mehr als 40 Minuten der Unterhaltung "niemals irgendein aggressives Verhalten gezeigt", so der Chefermittler.
Gegen den zweiten beteiligten Beamten werden drei Anklagepunkte vorbereitet, darunter schwere Körperverletzung. Er hat sich zur Zusammenarbeit mit den Ermittlern bereiterklärt.
Eine Tat mit Folgen für Atlanta
Brooks starb weniger als drei Wochen, nachdem der Afroamerikaner George Floyd bei einem brutalen Polizeieinsatz im Bundesstaat Minnesota ums Leben gekommen war. Floyds Schicksal hat anhaltende Proteste gegen Polizeigewalt und Rassismus ausgelöst. Auch in Atlanta kam es in der Folge zu Ausschreitungen. Das Schnellrestaurant in Atlanta, auf dessen Parkplatz die Tat geschah, ging in der darauffolgenden Nacht in Flammen auf. Als Reaktion auf die Ereignisse trat Atlantas Polizeichefin Erika Shields zurück.
Bürgermeisterin Keisha Lance Bottoms kündigte eine Polizeireform an. Polizisten müssten "Beschützer sein, nicht Krieger", sagte die Bürgermeisterin am Montag. Sie erlasse Verordnungen, um die Gewaltanwendung durch Polizisten auf das Nötigste zu begrenzen. Alle Beamte müssten künftig immer wieder in Deeskalation geschult werden, erklärte sie. Zudem müssten alle Polizisten künftig bei exzessiver Gewaltanwendung durch Kollegen einschreiten und diese auch melden, um Strafen zu entgehen.
mak/ww (dpa, rtr, afp)