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PolitikIndien

Modi beim Bastille-Tag in Frankreich sorgt für Kontroversen

Sonia Phalnikar
14. Juli 2023

Der indische Premier Narendra Modi kommt als Ehrengast zum französischen Nationalfeiertag nach Paris. Das kommt nicht bei allen gut an. Doch Indien ist ein wichtiger Partner Frankreichs.

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Der französische Präsident Emmanuel Macron (l.) und der indische Premier Narendra Modi, Paris, Mai 2022
Herzliche Verbundenheit: der französische Präsident Emmanuel Macron (l.) und der indische Premier Narendra Modi, Paris im Mai 2022 Bild: Gonzalo Fuentes/REUTERS

Er ist nicht allen Franzosen willkommen, der indische Premierminister Narendra Modi, wenn er am 14. Juli, dem französischen Nationalfeiertag, als Ehrengast bei der jährlichen Parade über die Champs Élysées dabei sein wird.

"Indien ist ein befreundetes Land. Aber Premierminister Narendra Modi ist rechtsextrem und steht den Muslimen in seinem Land äußerst feindlich gegenüber", twitterte Jean-Luc Melenchon, Chef der linksradikalen Oppositionspartei La France Insoumise (Unbeugsames Frankreich), vergangenen Monat. "Er ist am 14. Juli nicht willkommen, zum Fest der Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit, das er verachtet."

Und die Vorsitzende der französischen Grünen (EELV), Marine Tondelier, nannte die Einladung Modis einen "schweren politischen Fehler" des französischen Präsidenten Emmanuel Macron.

"Mit Blick auf die indische Innenpolitik ist es entweder vollkommen ignorant oder vollkommen zynisch, Herrn Modi als Ehrengast der Republik Frankreich zum symbolträchtigsten Tag des Jahres einzuladen", kritisiert Tondelier. "Indien, das ja als größte Demokratie der Welt bezeichnet wird, fällt seit dem Amtsantritt von Narendra Modi im Jahr 2014 in Sachen Menschenrechte und Grundfreiheiten immer weiter zurück", schrieb Tondelier in der Zeitung "Ouest France".

Internationale Kritik an Indiens Regierung

Im Mai setzt die Organisation "Reporter ohne Grenzen" Indien in ihrem diesjährigen Index der Pressefreit auf Rang 161 - von 180 Ländern insgesamt. Damit liegt das Land 11 Plätze hinter seiner Position im Vorjahr.

Ebenfalls in Mai empfahl die US-Kommission für internationale Religionsfreiheit (USCIRF) zum vierten Mal in Folge, Indiens Regierung auf eine schwarze Liste zu setzen. Auf ihr finden sich jene Länder, die das Prinzip der Religionsfreiheit missachten.

Modi selbst wurde 2005 ein Visum für die USA verweigert. Der Grund: Während seiner Zeit als Gouverneur (Chief Minister) von Gujarat 2002 hatte er versäumt, die tödlichen Unruhen in dem Bundesstaat zu verhindern.

Paris-Besuch von Narendra Modi - eine "falsche Botschaft"?

In Frankreich gibt es keine größere indische Diaspora. Entsprechend selten wird dort Kritik an Modi geäußert. Doch vor wenigen Tagen demonstrierte eine kleine Gruppe von Menschen gegen den Besuch. "Nicht jetzt, Herr Modi! Bastille-Tag ist der Tag der Freiheit" und "Nein zu Modis rechtsextremer Agenda", lauteten die Slogans der Protestierenden. 

"Der Tag der Bastille steht für ein Ethos und für Werte, die in Indien angegriffen werden", sagt der in Paris lebende Inder Shailendra im DW-Gespräch. "Wenn man Modi einlädt, sendet man eine falsche Botschaft".

Vor kurzem wies dagegen der Vorsitzende des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten, Jean-Louis Bourlanges, bei einer Anhörung im französischen Parlament Bedenken darüber zurück, dass es in Indiens Rückschritte in der Demokratie gebe. "Indien ist sicherlich eine unvollkommene Demokratie. Aber sie ist vorbildlich, vergleicht man sie mit den Verhältnissen in Russland oder China oder in einer Reihe von afrikanischen Ländern", sagte er.

Ähnlich sieht es der ehemalige Rektor und Pro-Vizekanzler der Jawaharlal Nehru Universität in Delhi, Balveer Arora. "Natürlich darf man Indien und China nicht über einen Kamm scheren, wenn es um Menschenrechtsverletzungen geht", sagt er im DW-Interview. "Der große Unterschied besteht allerdings darin, dass es in China überhaupt keine Freiheitsrechte gibt. Hier in Indien gibt es sie, allerdings werden sie mit Füßen getreten. Das ist eine Tragödie und darum sollten sich Länder wie Frankreich kümmern."

Das indische U-Boot INS Vela im Hafen von Mumbai,
Frankreich und Indien kooperieren auch auf hoher See. Das indische U-Boot INS Vela im Hafen von MumbaiBild: Imtiyaz Shaikh/AA/picture alliance

25 Jahre französisch-indische Zusammenarbeit

Modis Besuch fällt in eine wichtige Phase der indisch-französischen Beziehungen. Derzeit feiern die beiden Länder das 25-jährige Bestehen ihrer strategischen Partnerschaft. In deren Rahmen arbeiten sie in Bereichen wie zivile Kernenergie, Raumfahrt und Verteidigung zusammen.

In den letzten Jahren weitete sich die Partnerschaft auf Bereiche wie Energie und die Bekämpfung des Cyberterrorismus aus. Modis Anwesenheit und die Teilnahme der indischen Streitkräfte an der Parade zum Bastille-Tag markierten eine "neue Phase in den strategischen Beziehungen", hieß es in einer Mitteilung aus dem Élysée-Palast.

"Indien und Frankreich sind seit jeher starke Partner. Die Beziehung beider Länder bestanden schon vor der Amtszeit Modis und beschränken sich nicht auf wirtschaftliche Zusammenarbeit ", sagt Jean-Luc Racine, Senior Fellow an der School for South Asian Studies in Paris. "Sie hat eine bedeutende Verteidigungs- und Sicherheitsdimension".

Derzeit vertiefen Indien und Frankreich ihre Marine- und Sicherheitskooperation im indopazifischen Raum. Dort gehören eine Reihe von Inseln sowie eine große maritime Sperrzone zu Frankreich. Beide Länder verbindet die gemeinsame Sorge vor dem wachsenden Einfluss Chinas in der Region.

Frankreich ist zudem der nach Russland zweitgrößte Waffenlieferant Indiens. Gleichzeitig hat der Krieg in der Ukraine die Bemühungen Delhis beschleunigt, sich von Moskau abzukehren. Berichten zufolge könnten Frankreich und Indien während Modis Besuch ein neues Abkommen über eine neue, den Bedürfnissen der Marine angepasste Version des französischen Kampfjets Rafale bekannt geben.

Der französische Kampfjet Rafale bei der Paris Luftschau Le Bourget, Juni 2023
In Indien begehrt: der französische Kampfjet RafaleBild: Lewis Joly/AP Photo/picture alliance

Indien als starke Stimme des globalen Südens

Dieses Jahr hat Indien den Vorsitz der G20 inne. Premier Modi hat seine Beziehungen sowohl zum Westen als auch zu Russland geschickt ausbalanciert, wird von allen Seiten umworben. Dass er weder den russischen Einmarsch in der Ukraine verurteilte noch sich dem internationalen Embargo gegen Russland anschloss, sondern im Gegenteil die Ölimporte von dort erhöhte, nahmen seine westlichen Partner hin.

In vielerlei Hinsicht sieht Frankreich in Indien einen idealen Verbündeten, der dabei helfen kann, die durch den russischen Einmarsch in der Ukraine entstandenen Spannungen mit dem globalen Süden abzumildern.

"Zwischen Indien und Frankreich herrscht ein hohes Maß an Vertrauen. Ideologisch stehen sich beide Länder nahe. Und beide legen hohen Wert auf ihre politische Unabhängigkeit", sagt Harsh Pant von der in Neu-Delhi ansässigen Denkfabrik Observer Research Foundation gegenüber der DW.

"Die Art und Weise, wie Indien sich positioniert hat sowie seine Diplomatie und globale Bedeutung erwecken den Eindruck, das Land vertrete eine große Anzahl von Ländern, die bei existenziellen Fragen wie den steigenden Preisen für Lebensmittel, Düngemittel und Energie nicht gehört werden", so Pant weiter. "So könnte Indien Frankreich und dem Westen dabei helfen, jene Regionen der Welt zu erreichen, zu denen es im Moment kaum Verbindungen gibt."

Aus dem Englischen adaptiert von Kersten Knipp.

Indiens Wirtschaft auf dem Weg nach oben