Modefotografie von Ellen von Unwerth
6. Mai 2018Verspielt, erotisch und sehr weiblich. Der unverkennbare Stil der deutschen Modefotografin Ellen von Unwerth - ihre Leidenschaft für übersättigte Farben inbegriffen - zieht sich durch ihre gesamte Karriere. "Ladyland" ist der Titel der Retrospektive, die aktuell in der Opera Gallery in London zu sehen ist. Von Unwerths Bilder werden in der Ausstellung so präsentiert, wie normalerweise Models ausgeleuchtet werden - mit Scheinwerfern von vorne, von der Mitte und von oben. Es ist eine Schau, die den Dialog wieder aufnimmt über Frauen als Objekte in der Modewelt. Sie eröffnet in einer Zeit, in der die #MeToo-Bewegung eine Debatte über sexuelle Belästigung und die Ungleichbehandlung von Männern und Frauen in der Unterhaltungsindustrie entzündet hat.
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Schwieriger Start als Waise
Geboren wurde Ellen von Unwerth 1954 in Frankfurt am Main. Sie verlor ihre Eltern als Zweijährige und verbrachte ihre Jugend in Waisenhäusern und Pflegeheimen. Ungeachtet dieser Lebensumstände, blickt sie in ihrer Autobiografie "Fräulein" gütig zurück auf jene Zeit. In dem Buch erzählt sie auch von den weiblichen Ikonen, die sie später fotografierte, darunter Claudia Schiffer und Kate Moss. "Ich habe nicht allzu viel gelitten", schreibt von Unwerth. "Tatsächlich erinnere ich mich an eine sehr glückliche Kindheit."
Kurz nachdem sie in München ihr Abitur gemacht hat, arbeitete sie im Zirkus, machte Kunststücke und führte Zaubertricks vor. Mit 20 wurde sie von einem Fotografen auf der Straße entdeckt und eingeladen, zu modeln. Sie zog nach Paris und stand mehrere Jahre vor der Kamera, bis ihr damaliger Freund ihr einen Fotoapparat schenkte. So eingeschränkt sie sich als Model gefühlt habe, so sehr sei ihr Verlangen nach kreativer Freiheit entfesselt worden, als sie begonnen habe, Fotos zu machen, erzählte sie kürzlich dem US-Fernsehsender CNN. "Ich war zehn Jahre lang Model und ich war so frustriert. Ich war aufgeweckt und hatte witzige Ideen, aber die Fotografen sagten immer: Steh einfach da, guck nach links, guck nach rechts, lächle nicht."
Vom Model zur Modefotografin
Von Unwerths Jahre der Frustration befeuerten ihre Kreativität. So entdeckte die angehende Fotografin, das 17-jährige Model Claudia Schiffer. "Ich konnte nicht glauben, wie sehr sie Brigitte Bardot ähnelte", sagte sie im April in einem Interview in dem Modemagazin "Vogue". "Von diesem Moment an, drängte ich sie zu ihrem Look mit breitem Lidstrich und voluminösen Haaren." Die ikonische Guess-Werbung von 1989 mit Schiffer in einem Spitzenbustier gab den Karrieren beider Frauen einen wichtigen Schub.
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Dieses legendäre Bild ist auch Teil der "Ladyland"-Ausstellung, die die provokante Modefotografie der letzten 30 Jahre feiert, wie der Kurator Sebastian Plantin sagte. "Diese Retrospektive ist eine vielschichtige Sammlung, die von den ikonischen Fotos von Supermodels, wie Kate Moss, Claudia Schiffer und Naomi Campbell, bis zu ihrem jüngsten und verspieltesten Fotoprojekt reicht, das in Bayern entstanden ist", erzählte Plantin der DW. "Ich habe mich auch dazu entschieden, einige ihrer provokantesten Fotos miteinzubeziehen, weil sie stellvertretend für ihre Art stehen, die Grenzen der zeitgenössischen Fotografie einzureißen."
Ellen von Unwerth zelebriert die Weiblichkeit
Von Unwerths Bilder leicht bekleideter Frauen, lustvoll posierend, aber mit einer Portion Schelm im Nacken, sorgten bei manch einem Betrachter für Stirnrunzeln. Aber das eigentliche Thema ihrer Fotografie besteht darin, Frauen zu stärken. "Ellen zelebriert die Weiblichkeit in ihrer Fotografie", sagte Plantin. "Ihre Bilder transportieren eine wichtige Botschaft: Frauen sind überraschende Geschöpfe, einerseits schwach und frivol, andererseits kraftvoll und stark. Es geht nicht darum, eine hartnäckige oder milde Feministin zu sein. Ich würde eher in den Vordergrund rücken, wie Frauen in ihren Shootings repräsentiert werden: unabhängig, sexuell emanzipiert und nicht den Männern unterworfen."
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Indem sie weiter fotografierte, als die Models dachten, das Shooting sei schon beendet, fing von Unwerth sehr authentische Bilder ihrer Motive ein. Sie stellte den weiblichen Blick und eine feministische Perspektive in den Vordergrund. "Es gibt nur sehr wenige männliche Fotografen, die fähig sind, bedeutungsvolle Momente im Leben einer Frau zu erfassen ohne sie künstlich und inszeniert darzustellen", sagte Plantin. "Ellen hat eine bessere Perspektive und eine umfassende Innensicht in die Zerbrechlichkeit und Stärken von Frauen, weil sie selbst eine Frau ist und viele Jahre als Model Erfahrungen auf der anderen Seite der Kamera gemacht hat."
Motive für die Ewigkeit
In der Tat, von Unwerths Arbeit war eine Reaktion auf die Objektivierung von Frauen, die so eng mit der Modefotografie verbunden war. "Ich denke, es ist wichtig, zu verstehen, dass ich Frauen als Subjekte, nicht als Objekte fotografiere", erklärt sie im Ausstellungskatalog. "Was ich verewigen wollte ist die Persönlichkeit einer Frau, überhöht und entblößt. Oft erscheinen Frauen selbstsicher, sie haben viel Spaß auf meinen Bildern, weil das genau das ist, was während des Shootings passiert."
Von Unwerths lang anhaltende Karriere und fest etablierte professionelle Beziehungen zu angesehenen Frauen aus der Modebranche, haben ihre Popularität und die Nachfrage nach ihrer Arbeit bewahrt, bei der sie sich bislang nie hat reinreden lassen.
Die Ausstellung "Ladyland" ist noch bis zum 18. Mai in der Opera Gallery in London zu sehen.