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Krebs mit Ultraschall bekämpfen

Gudrun Heise
31. Oktober 2023

Tumoren mit Ultraschall entfernen, ohne Nebenwirkungen und minimal-invasiv? Ein solches Verfahren wurde jetzt in den USA zugelassen, vorerst nur für Leberkrebs, an anderen Krebsarten wird geforscht.

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3D Illustration Anatomie der Leber
Leberkrebs ist eine der zehn häufigsten Krebsarten, die Betroffenen haben nur geringe ÜberlebenschancenBild: magicmine/Zoonar/picture alliance

Die sogenannte Histotripsie ist ein Verfahren, bei dem Ultraschallwellen gezielt auf einen Lebertumor gerichtet werden. Es dauert nur wenige Mikrosekunden, ist aber von hoher Intensität. Beschossen werden Mikrobläschen. Diese sind in jedem Gewebe vorhanden, auch in Tumorgewebe. Werden sie von den Schallwellen getroffen, vergrößern sie sich. Ab einem gewissen Volumen platzen sie und zerstören die Tumorzellen. Übrig bleibt eine flüssige Masse, die innerhalb der folgenden Wochen dann vom Immunsystem abtransportiert wird.

Mit einem diagnostischen Ultraschallgerät, wie es auch für die Untersuchung von Schwangeren eingesetzt wird, können die Ärztinnen und Ärzte das Verhalten der Bläschen während des Vorgangs live verfolgen. Noch ist die Histotripsie allerdings auf Leberkrebs beschränkt. 

Gesundes Gewebe wird bei dieser Technik nicht zerstört, denn der Ultraschall wird stark auf den Tumor fokussiert. Eine Operation, Chemotherapie oder eine Strahlenbehandlung sind nicht nötig. Diese Methoden sind bekanntermaßen enorm belastend für den Körper. Strahlung etwa wirkt auf alles, was sich im Körper auf dem Weg zum Tumor befindet.

Das Verfahren wurde in den USA entwickelt

Entwickelt wurde das Verfahren an der US-amerikanischen Universität von Michigan im Rahmen der klinischen Studie #HOPE4LIVER-Studie ("Hoffnung für die Leber"). Seit 2021 waren am dortigen "Rogel Cancer Center" Humanstudien durchgeführt worden. Das "Rogel Cancer Center" ist ein renommiertes Krebszentrum in den Vereinigten Staaten und Teil des University of Michigan Health Systems. An dem internationalen Projekt nahmen auch zwei Universitäten aus Deutschland teil: das Städtische Klinikum Braunschweig und das Universitätsklinikum Magdeburg

Behandelt wurden in dieser Studie Patientinnen und Patienten mit primären und metastasierten Lebertumoren, bei denen die konventionellen Therapiemöglichkeiten bereits ausgeschöpft waren.

Was macht die Leber?

Leberkrebs ist besonders gefährlich

Leberkrebs ist eine der zehn häufigsten Krebsarten, hat eine schlechte Prognose und die Betroffenen nur geringe Überlebenschancen. Das gilt weltweit. Nur etwa 20 Prozent der Patientinnen und Patienten erreichen die 5-Jahres-Überlebensrate. Diese Statistik gibt an, wie viele Betroffene eine bestimmte Krankheit über einen Zeitraum von fünf Jahren nach Diagnosestellung überleben. 

Für Patientinnen und Patienten bedeutet die Histotripsie nicht nur, dass sie ohne die körperliche Belastung einer Bestrahlung oder Chemotherapie behandelt werden können. Es gibt weniger Probleme mit der Verträglichkeit von Medikamenten, und auch die Zeit der Rekonvaleszenz ist wesentlich kürzer als beispielsweise bei einer Operation. Die Behandlung ist den Ergebnissen der Studie zufolge insgesamt weniger strapaziös, aber äußerst effektiv. 

Mann liegt auf dem Rücken auf einer Liege, neben ihm ein Arzt mit Ultraschallgerät
Ultraschall wird in vielen Bereichen eingesetzt, jetzt auch in der KrebstherapieBild: Benjamin Nolte/dpa/picture alliance

Die Histotripsie zeigt neue Wege auf

Auch bei den gefürchteten Metastasen scheint die Histotripsie im Vorteil zu sein. In einer ersten Studie mit Ratten konnte deren Immunsystem mithilfe der Histotripsie nach der Zerstörung von 50 bis 75 Prozent eines Lebertumors auch den Rest der Krebszellen beseitigen. Anzeichen für mögliche Metastasen gab es bei mehr als 80 Prozent der Tiere in dieser Studie nicht.

Nicht nur bei der Tumorzerstörung könnte die Histotripsie neue Wege einschlagen. So haben zwei präklinische Studien an Nagetieren letztes Jahr gezeigt, dass das Immunsystem während des Abtransports der Gewebemasse unter anderem lernt, Krebszellen als Bedrohung zu erkennen und eine natürliche Immunantwort auf den Krebs zu aktivieren.

Noch befindet sich die Histotripsie in einem frühen Stadium der klinischen Anwendung. In Deutschland ist sie nur im Rahmen von Studien zugelassen. Forschende gehen aber davon aus, dass es eine sehr gute nicht-invasive Behandlungsoption für Patienten mit Leberkrebs sein könnte.

Die Hoffnung der Forschenden ist, dass sich die Histotripsie zu einer Therapie entwickelt, mit der man Tumore im ganzen Körper behandeln kann, nicht nur in der Leber. Sie gehen davon aus, dass sich in Zukunft beispielsweise auch Nierenkrebs oder Prostatakrebs behandeln ließen.