Reicht Menschlichkeit im Kampf gegen den IS?
25. November 2015
Der französische Präsident Francois Hollande habe der Extremistenmiliz "Islamischer Staat" (IS) in die Hände gespielt, als er die Terroristen nach den Pariser Anschlägen eine "Armee" nannte, so der außenpolitische Sprecher der Linken, Jan van Aken. "Er bezeichnete brutale, kalte Mörder als Kämpfer eines anderen Staates. Weshalb tut man das? Eine solche Bezeichnung ist doch der feuchte Traum eines jeden Terroristen. Meiner Ansicht nach war das ein großer Fehler - und ein ebenso großer Gewinn für den IS", sagt der Oppositionspolitiker van Aken im Gespräch mit Tim Sebastian.
Van Aken macht diese Aussagen in Zeiten von steigender Unsicherheit und ständigen Warnungen vor weiterem Terror in Europa. Nach den Pariser Anschlägen, bei denen 130 Menschen ums Leben kamen, erklärte Frankreich dem IS den Krieg. Nur eine Woche später rief Brüssel die höchste Terrorwarnstufe aus
Eine internationale Koalition kämpft nun gegen die Dschihadisten. Frankreich hat seine Luftangriffe auf Stellungen des IS intensiviert. Präsident Francois Hollande wirbt international um Unterstützung. Aber was wird sein engster politischer Partner tun? Wird Berlin militärische Hilfe beisteuern?
Wie lange kann Deutschland sich noch militärisch heraushalten?
Tim Sebastian fragt van Aken, wie lange Deutschlands defensive Strategie noch haltbar ist: "Wie soll man denn mit den Terroristen umgehen? Sich zurücklehnen, sie morden lassen und ein wenig Druck auf die Araber ausüben, damit diese aufhören die Gruppen zu finanzieren?"
Van Aken lehnt deutsche Waffenexporte und jeglicher Art von militärischen Interventionen ab. Gesten hätten manchmal eine größere Wirkung, als Waffen: "Nach dem Breivik-Massaker in Norwegen (2011 ermordete der Rechtsradikale Anders Breivik in Norwegen 92 Menschen, Anm. d. Red.), war die erste Reaktion von NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg: 'Was wir jetzt brauchen ist mehr Menschlichkeit und mehr Demokratie.' Das war die größte Niederlage für die Mörder."
Die Ausbildung kurdischer Kämpfer durch deutsche Soldaten – Nur ein Feigenblatt?
Van Aken sagt, diplomatischer Druck könne viel effektiver sein, als Bundeswehr-Truppen einzusetzen, um kurdische Peshmerga-Truppen im Irak zu trainieren. "Menschen in IS-Gebieten werden gefoltert, vergewaltigt und getötet, weil die deutsche Regierung in keinen Konflikt mit [dem kurdischen Präsidenten] Barzani geraten möchte. Das ist das grundlegende Problem. Die Deutschen suchen nach der einfachsten Lösung, und die ist: Waffen zu exportieren. Das hilft kein bisschen im Kampf gegen den IS."
Jan van Aken ist promovierter Biologe und war Experte für Genetik bei der Organisation Greenpeace. Anschließend arbeitete er als Biowaffeninspekteur bei der UN. Seit 2009 sitzt er für die Partei Die Linke im deutschen Bundestag. Dort setzt er sich für eine pazifistische Außenpolitik und einen sofortigen Stopp von Waffenexporten ein.