Deutschland Dritter
11. Juli 2010In den Gesichtern der deutschen Spieler konnte man ablesen: Sie waren froh, dass das Turnier vorbei ist. Vier lange Wochen in Südafrika, dazu die Vorbereitung, hatten Kraft gekostet. Vor allem mental. Sich noch einmal zu motivieren für das Spiel um Platz drei, dürfte den Wenigsten leicht gefallen sein. Nur Thomas Müller strahlte, und das durfte er auch. Er war es, der das DFB-Team in der 18. Minute mit 1:0 in Führung gebracht hatte. Vorausgegangen war ein harter Distanzschuss des bei diesem Turnier überragenden Bastian Schweinsteiger, den Torhüter Fernando Muslera unglücklich nach vorne abprallen ließ. Müller musste nur noch abstauben. Es war bereits der fünfte Treffer des Shooting-Stars bei dieser Weltmeisterschaft - und das, wo er doch im Halbfinale gegen Spanien wegen einer Gelbsperre passen musste.
Frische Kräfte auf dem Feld
Müller war eine von fünf Änderungen in der Anfangsformation nach dem Spanien-Spiel. Philipp Lahm und Lukas Podolski plagte eine Erkältung - für sie spielten Dennis Aogo und Marcell Jansen. Miroslaw Klose zwickte es im Rücken - Cacau durfte die Sturmspitze geben. Und Jörg Butt kam im stolzen Alter von 36 Jahren zu seinem ersten WM-Spiel. Die eigentliche Nummer Eins Manuel Neuer saß diesmal auf der Bank. Der Aufstellung konnte man entnehmen, dass es Bundestrainer Joachim Löw nicht ganz so ernst nahm mit dem letzten Auftritt in Südafrika.
Attraktiver Offensivfußball in Port Elizabeth
Und so entwickelte sich ein Spiel frei von taktischen Zwängen. Ein Glück, dass das die Gegner aus Uruguay offenbar genauso sahen, denn die vorher erwartete Härte blieb aus, Torszenen dagegen wurden den Zuschauern in Port Elizabeth zu Hauf geboten. Arne Freidrich traf mit einem Kopfball die Latte, Schweinsteiger konnte im Mittelfeld diesmal offensiver schalten und walten. Allerdings übertrieb er es nach knapp einer halben Stunde, als er den Ball zu lange hielt und ihn sich von Diego Perez abgrätschen ließ. Edinson Cavani nutzte die Chance zum Ausgleich (28.).
Forlán und Müller gleichauf
Nach der Pause gingen die Südamerikaner in Führung. Superstar Diego Forlán traf volley zum 2:1 (51.). Auch für ihn war es der fünfte Turniertreffer. Die deutsche Mannschaft aber war nur kurz geschockt, mobilisierte nochmal alle Kräfte und kam durch einen Kopfball von Marcell Jansen in der 56. Minute zum Ausgleich. Auch hier half Uruguays Torwart wieder kräftig mit. Offenbar wollten beide Teams mit aller Macht eine Verlängerung vermeiden - wie sonst wären die Angriffswellen in der Schlussphase zu erklären? Nach einer Ecke kam Sami Khedira frei zum Kopfball und erzielte überlegt das 3:2 (82.). Der Sieg kam nur noch einmal in Gefahr, das aber gewaltig: Mit dem Abpfiff knallte Forlán einen direkten Freistoß an die Latte. Butt hätte hier wohl nichts ausrichten können.
Ein Sieg für die Fans
Bastian Schweinsteiger, der für den Ballack-Vertreter Lahm die Kapitänsbinde trug, freute sich am Ende doch: "Das war sehr wichtig gegenüber unseren Fans in Deutschland, die uns wahnsinnig unterstützt haben. Zum Glück haben wir gewonnen, obwohl die Enttäuschung noch da war wegen des Halbfinales."
Mit dem dritten Platz gab es dann doch noch ein Happy End für die deutsche Mannschaft, die bei diesem Turnier Herausragendes geleistet hat. 16 Tore in sieben Spielen sprechen eine deutliche Sprache. Schweinsteiger und Mesut Özil gehören zu den besten zehn Akteuren des Turniers, der Titel des besten jungen Spielers dürfte wohl an Thomas Müller gehen, der außerdem noch Torschützenkönig werden könnte - wenn weder der Spanier David Villa noch der Niederländer Wesley Sneijder im Finale treffen.
Was wird aus Löw?
Eine Personalie wurde auch nach dem erfolgreichen WM-Abschluss noch nicht geklärt: Bundestrainer Löw wollte sich nicht zu seiner möglichen Vertragsverlängerung äußern. Nach dem Turnier muss man sagen: Er muss weitermachen. Denn auch wenn Deutschland inzwischen auch gut ausgebildete Spieler hat: Löw schaffte es, aus ihnen binnen kurzer Zeit eine Weltklassemannschaft zu formen.
Autor: Tobais Oelmaier
Redaktion: Calle Kops