Mit Impfstoff gegen Masern
5. September 2017Die Masern gelten als Kinderkrankheit. Aber die Viruserkrankung befällt auch Erwachsene und Jugendliche. Sie wird durch Tröpfchen übertragen; die Viren dringen über die Schleimhaut in den Körper ein. Typische Symptome sind Husten, Fieber und ein unangenehm juckender Hautausschlag.
Schwerwiegende Komplikationen sind nicht unwahrscheinlich: "Man muss davon ausgehen, dass eine von tausend Erkrankungen tödlich verläuft", sagt Jan Leidel, Vorsitzender der Ständigen Impfkommission (STIKO) des Robert Koch-Instituts. Impfkampagnen hätten geholfen, die weltweiten Todesfälle von 560.000 im Jahr 2000 auf 122.000 im Jahr 2012 zu reduzieren.
Die WHO will mehr
Das reicht der Weltgesundheitsorganisation (WHO) nicht. Ihr Ziel ist es, Masern auszurotten. Auf dem amerikanischen Kontinent und in den skandinavischen Ländern ist das bereits geglückt. Um als ausgerottet zu gelten, darf laut Leidel maximal ein Mensch unter einer Million Menschen erkranken.
Eine flächendeckende Impfung verhindert die Ausbreitung des Krankheitserregers. Das ist besonders wichtig für Neugeborene, denn eine Impfung ist frühestens im Alter von neun Monaten möglich. Das ist für viele Eltern ein Grund, ihre Kinder impfen zu lassen. So auch für Charlotte aus Bonn.
Die 36-Jährige ist Mutter einer kleinen Tochter. "Es liegt in der gesellschaftlichen Verantwortung, dass möglichst viele Menschen geimpft sind", erzählt sie im DW-Interview. "So besteht für die Kleinen keine Gefahr, an Masern zu erkranken."
Impflücken aus Unsicherheit
Julia hingegen entschied sich gegen eine Impfung ihres Sohnes. Sie hatte Angst vor möglichen Folgen wie Allergien, erhöhten Infektraten und Impfschäden. "Solange das Immunsystem meines Kindes im Aufbau ist, möchte ich da nicht eingreifen", erklärt sie ihre Bedenken. Leidel kennt diese Beweggründe: "Einige Menschen sind davon überzeugt, dass es die Abwehr stärkt, wenn Kinder die Krankheit durchmachen." Dafür gebe es aber keine Anhaltspunkte.
In Deutschland kommt es immer wieder zu Masernepidemien. Im letzten Jahr wurden über 1700 Fälle gemeldet. Viele Eltern lassen sich ihre Kinder sogar absichtlich bei erkrankten Spielkameraden anstecken. Das aber sei gefährlich, warnt Leidel: Die Masern seien nicht so harmlos, wie man gelegentlich hört.
Masern können zu einer Entzündung des Gehirns führen. Die sogenannte Masern-Enzephalitis tritt laut Robert-Koch-Institut in einem von tausend Fällen auf. Davon verläuft etwa jede fünfte Erkrankung tödlich.
Unterschätzte Gefahr
Mögliche Nebenwirkungen rufen immer wieder Impfgegner auf den Plan. Sie sind der Meinung, Masernimpfungen würden zu frühkindlichem Autismus oder zu chronischen Darmerkrankungen führen. "Das ist nachgewiesenermaßen falsch", sagt Leidel. Zwar könne die Spritze unerwünschte Reaktionen wie eine Rötung, Schwellung oder auch ganz leichte Masern hervorrufen, die seien aber völlig harmlos.
Für Leidel steht fest: "Durch eine Impfung können eine ganze Reihe schwerer Komplikationen und auch Todesfälle verhindert werden."
Der Erfolg des Impfens verdränge früher noch gefürchtete Krankheiten, sagt Leidel, "dadurch verlieren sie ihren Schrecken." Die tatsächliche Gefahr, die von einer Erkrankung ausgeht, rückt fälschlicherweise in den Hintergrund. "Das macht Impfen für mich aber nicht überflüssig, sondern bestätigt nur die Wichtigkeit von Impfungen", betont Sabrina, die Mutter eines kleinen Sohnes. Nur so könne man verhindern, dass die Krankheit erneut ausbricht.
Vorbeugen statt behandeln
Wie für viele Viruserkrankungen gibt es auch gegen Masern keine speziellen Behandlungsmöglichkeiten. "Wir können den Körper nur dabei unterstützen, selbst mit der Erkrankung fertig zu werden", sagt Leidel. Medikamente gegen Fieber und Husten sind dabei das Mittel der Wahl.
Zwar geben Forscher Anlass zur Hoffnung im Kampf gegen die Masern: In einem Tierversuch verhinderten sie erfolgreich die Vermehrung des Virus im Körper. Eine Alternative zur Impfung könne das Medikament aber nicht sein, da sind sich die Wissenschaftler einig.