Taxi-App für Athen
13. Juni 2012Wer in Athen schon einmal Taxi gefahren ist, kennt das Ritual: Man tritt mit erhobener Hand auf die Straße und schreit in die Fahrtrichtung, um eins der 17.000 Taxen anzuhalten, die rund um die Uhr unterwegs sind. Taxistände gibt es nicht in der griechischen Hauptstadt, außer vielleicht am Flughafen oder vor großen Luxushotels. Die ständige Fahrerei belastet nicht nur das Nervenkostüm der Fahrer, sondern auch die Umwelt.
Das könnte sich bald ändern - mit Hilfe der Technik. Eine im September 2011 gestartete Gratis-App unter dem Namen "Taxiplon" erlaubt Taxikunden erstmals, über PC, Smartphone oder iPhone sich das nächstgelegene Taxi zu sichern. 300 Fahrer haben sich beim Athener Unternehmen für eine Monatsgebühr von 30 Euro registriert. Sotiris Nossis entwickelte die Idee gemeinsam mit seinen sechs Mitarbeitern in einer App-Schmiede im Athener Vorort Maroussi.
App gegen den Verkehrsinfarkt
"Bei Taxiplon hat der Fahrgast eine direkte Verbindung zum Fahrer. Die Zentrale bleibt außen vor und trotzdem kommt der Wagen pünktlich: Und der Service ist für den Kunden kostenlos", erklärt Nossis. Seit zwanzig Jahren beschäftige er sich mit der Entwicklung von Software. Heute erlebe die Branche eine Revolution in der Mobiltechnologie, die neue Chancen für ehrgeizige Start-Ups biete, glaubt der Informatiker, der in New York studiert hat.
Studien haben ergeben, dass der nie enden wollende Taxiverkehr für mehr als 25 Prozent der Feinstaubemissionen in der griechischen Hauptstadt verantwortlich ist. Außerdem haben Transportwissenschaftler berechnet, dass ein Taxi mit seinem extrem schwankenden Fahrverhalten den Athener Chaos-Verkehr zehnmal stärker als ein Privatwagen belastet.
"Umweltverträglichkeit und Nachhaltigkeit sind uns wichtig und werden hier durch den optimierten Einsatz der Ressourcen betrieben", meint Taxi-App-Entwickler Nossis. Im Verhältnis zur Einwohnerzahl habe Athen eine der größten Taxiflotten Europas und die Fahrer seien ziellos unterwegs, um nach Kunden Ausschau zu halten. Bei einem Verbrauch von bis zu 100 Litern pro Tag würden sie durch das unnütze Hin- und Herfahren nicht nur wertvolle Zeit, sondern auch viel Geld verlieren, erläutert Nossis.
Profitabler Umweltschutz
Die Athener Taxi-App ist in Sachen Umweltschutz durchaus ausbaufähig. Seit April kooperiert Taxiplon mit einem Mineralölkonzern, der CO2-neutralen Kraftstoff anbietet und dafür die Werbetrommel rührt: Mit nur zwei Clicks bekommen Taxifahrer auf ihrem Display Gratis-Informationen zum Tankstellennetz und der kürzesten Route zur Zapfsäule.
Doch bei allem Verständnis für die Umwelt: Nossis sieht sich nicht als Aktivist. In erster Linie geht es ihm um seinen Gewinn. Die Anfangsinvestition müsse sich möglichst schnell amortisieren, betont der Unternehmer.
"Ich habe zum Glück einen solventen Geschäftspartner an meiner Seite, der über 500.000 Euro in diese Idee investiert hat. Allein hätte ich das Geld nicht aufbringen können", erklärt Sotiris Nossis. Aber leider gäbe es nur wenige Leute in Griechenland, die in Geschäftsideen investieren, denn das Geld werde lieber in Immobilien und anderen Werten angelegt. Jetzt gehe es ihm darum, Servicemärkte im Ausland zu erschließen, sagt der Kleinunternehmer.
Sprung auf den Weltmarkt
Einen Schritt in Richtung Internationalisierung hat er auf der größten Mobilfunk-Messe der Welt in Barcelona gemacht: Dort wurde die Smartphone-App für einen "Global Mobile Award" nominiert. Seitdem mehren sich die Anfragen aus dem Ausland, erzählt Alexandros Tziranis. Der junge Informatiker ist bei Taxiplon für Marketing und Vertrieb zuständig.
"Wir sind bereits in Rumänien und Moldawien über Franchise-Partner vertreten, dort sind über tausend Taxifahrer bei Taxiplon registriert", sagt Tziranis. Weitere Anfragen gäbe es aus England, New York, sowie aus der Region um Rio de Janeiro in Brasilien. Er hoffe, dass die Verträge bis zum Herbst unterschriftsreif sind - das wäre ein Quantensprung für die Entwicklung des Unternehmens .
Die Taxiplon-Mitarbeiter müssen allerdings auf lokale Besonderheiten und Bedürfnisse Rücksicht nehmen, wenn sie international Erfolg haben wollen. Flexibilität sei unerlässlich, allein schon aus gesetzlichen Gründen, sagt Tziranis.
"Da gibt es große Unterschiede: In Athen kann der Fahrgast direkt einen bestimmten Fahrer über Smartphone buchen. In New York wäre das nicht erlaubt, da müssen Sie erst einmal die passende Zentrale anrufen", meint Tziranis. Der Athener Programmierer weiß genau, dass eine Firma, die ins Ausland expandieren will, auf die Markterfordernisse vor Ort eingehen muss.