Mit dem Taxi in die Luft?
13. Juli 2004
Man nennt das Fahrziel und vereinbart den Preis, los geht's. Für eine Fahrt in der Innenstadt zahlt man zwischen zwei und drei Euro, abhängig von dem persönlichen Verhandlungsgeschick, der eigenen Geduld und der Qualität des Autos. Als Faustregel gilt: Je klappriger das Gefährt, desto billiger der Preis.
Am Steuer schrottreifer Ladas und Schigulis sitzen meist (Schwarz-)Taxifahrer, die den ganzen Tag durch Moskau kurven und sich so ihr Zubrot verdienen. Daneben gibt es auch die Fahrer mit Dienstwagen, die während ihre Chefs im Büro hocken, die Zeit ebenfalls für einen kleinen Nebenverdienst nutzen. Wer Glück hat, wird vom Fahrer eines höheren Beamten mitgenommen und rast mit eingeschaltetem Blaulicht bequem ans Ziel. Das Prinzip ist simpel und praktisch.
Verkehrschaos in Moskau
Das einzige Problem: Das Verkehrschaos in Moskau wird von Woche zu Woche schlimmer. Immer mehr Russen können sich inzwischen ein Auto leisten, tagsüber ist die Innenstadt ein einziger Stau. Abgesehen von der kurzen Sommerpause, in der es viele Städter auf die Datscha zieht, leidet Moskau am Verkehrsinfarkt.
Steht man erst im Stau, hilft auch ein eingeschaltetes Blaulicht wenig, Platz zum ausweichen gibt es kaum. Für die wirklich wichtigen, wie Präsident und Regierungsmitglieder, werden daher die Straßen weiträumig abgesperrt, was den Verkehrskollaps für das gemeine Volk der Automobilisten nur noch verschlimmert.
Fahren im Schneckentempo
Ein einigermaßen rasches Vorankommen bietet nach wie vor der öffentliche Transport unter der Erde. Die Moskauer Metro zählt zu den schnellsten und zuverlässigsten U-Bahnen im weltweiten Vergleich. Inzwischen plant die Moskauer Stadtregierung, auch den hauptstädtischen Luftraum für den Personennahverkehr zu öffnen.
Hubschrauber und Kleinflugzeuge sollen als Luft-Taxis die eiligen und begüterten Moskauer befördern. Der Markt dafür sei "überreif", heißt es in der Stadtverwaltung. Unter der wachsenden Schicht der reichen Moskauer dürfte es genügend Interessenten geben, die liebend gern statt in der Luxuslimousine im Stau stehend mit dem Hubschrauber zum Businesstermin einfliegen würden.
Mit dem Hubschrauber ins Wochenende
Für die vielen "Datschniki", deren Wochenendhäuschen im Umkreis von hundert Kilometern rund um Moskau liegen, wäre die Anreise mit dem Hubschrauber eine echte Alternative. Die Preise, die die Stadtverwaltung ausgerechnet hat, liegen sogar im akzeptablen Bereich: Etwa 20 bis 30 Euro soll das Air-Ticket im 70-Kilometer-Radius rund um Moskau kosten, das klingt nach wahren Schnäppchenpreisen.
Genügend Landeplätze sollen schon jetzt in der Region rund um Moskau vorhanden sein. Und viel Platz braucht ein Hubschrauber zum Landen nicht, so dass sich selbst in der Innenstadt Start- und Landemöglichkeiten finden lassen sollten. Bürgermeister Juri Luschkow ist begeistert von der Idee. Ginge es nach ihm, würden vermutlich schon bald die ersten Luft-Taxis abheben.
Offen bleiben jedoch eine ganze Reihe von Sicherheitsfragen. Flüge über städtischem Gebiet bergen immer auch das Risiko von Unfällen. Hinzu kommt die Sorge vor möglichen Terroranschlägen. Gut möglich, dass sich die hochfliegenden Pläne schon bald wieder in Luft auflösen.