Mit Bestsellern gegen die Umsatzschwäche
11. Oktober 2002Ein Fitness-Buch der populären Boxer-Brüder Klitschko, eine Autobiografie von Ex-DDR-Geheimdienst-Chef Markus Wolf, von Schlagersänger Dieter Bohlen, ein Buch über die globale Klimaveränderung von Deutschlands bekanntestem Meteorologen Jörg Kachelmann - das sind nur einige der Attraktionen, mit denen die Buchmesse die Besucher anlocken will.
Mit Harry Potter und Jesus Christus Absatz machen
Denn vor allem im Bereich Belletristik und Sachbuch, so Hubertus Schenkel, Aufsichtsratsvorsitzender der Ausstellungs- und Messe-GmbH, gebe es weltweit Umsatzeinbrüche. In Zeiten der Krise, so Schenkel, suchten die Menschen verstärkt nach Orientierung - Bücher über Religion, Psychologie und Esoterik seien gefragt wie nie. Zum anderen zeige sich mit den Harry-Potter-Büchern der britischen Schriftstellerin Joanne K. Rowling, dass es einen neuen Markt für Kinderbücher gebe.
Weltweit wurden bisher mehr als 150 Millionen Exemplare der vier Potter-Bücher verkauft, und alles wartet sehnsüchtig auf den 5. Band. "Eine Analyse der Financial Times hat kürzlich gezeigt, dass die Buchkonjunktur derzeit von zwei jungen Männern abhängig ist: Jesus Christus zum einen, Harry Potter auf der anderen Seite", so Schenkel.
Was nicht verkauft wird, geht zurück
Das unterstreicht einen weiteren Trend: den zum Bestseller. 90 Prozent des Umsatzes, so Schenkel, würden mit nur zehn Prozent der Titel erzielt. Und nach nur zwei Monaten gingen zum Beispiel 90 Prozent der neu erschienenen Taschenbücher wieder zurück an die Verlage und würden nie wieder aufgelegt. Buchhandel wie -verlage haben darauf bereits reagiert: Das Sortiment wird verkleinert, Autorenhonorare gekürzt.
Trend zum billigen Buch
Denn angesichts der knappen Kassen kaufen die Menschen verstärkt billigere Bücher: Im Bereich der Taschenbücher kann die Branche einen Zuwachs vermelden. Doch das alles reicht nicht aus, um den allgemein rückläufigen Trend auszugleichen. So hofft nicht nur Schenkel auf das Weihnachtsgeschäft, in dem in drei Wochen ein Umsatz gemacht wird wie sonst in zwei Monaten im Jahr. Am Ende des Jahres will die Branche dann mit einer "schwarzen Null" abschließen, wie sich Schenkel ausdrückte, also gerade an der Verlustzone vorbeischrammen.
Dieter Schormann, der Vorsteher des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, erwartet für das nächste Jahr ein leichtes Umsatzplus von zwei Prozent - wenn sich die Konjunktur im allgemeinen erholt. Der negative Trend macht sich auch auf der Buchmesse bemerkbar: die Zahl der deutschen Aussteller ist im Vergleich zum vergangenen Jahr zurück gegangen - die Verlage schauen mehr aufs Geld, immer mehr verzichten sie auf den teuren Auftritt in Frankfurt.
Positiv: ausländische Aussteller
Die Zahl der ausländischen Verlage hat dagegen leicht zugenommen. Darauf verwies auch der neue Direktor der Buchmesse, Volker Neumann. Er versprach für die nächsten Jahre eine veränderte Konzeption der Buchmesse: So will die Buchmesse verstärkt Themenschwerpunkte setzten. Dies geschieht bereits in diesem Jahr unter der Überschrift "Brücken für eine geteilte Welt". Hier sollen auf einem Kongress Themen wie Globalisierung, Wertesysteme oder die Auswirkungen der Biotechnologie diskutiert werden.
Bücher gegen Terrorismus
Aber die Buchmesse müsse sich, so Neumann, auch mit den Fragen nach dem Umgang mit Terrorismus und Fundamentalismus beschäftigen: "Die Ursachen für Konflikte und Gewaltbereitschaft liegen ja tiefer. Und gerade eine Branche wie unsere, die Autoren, die sich in ihren Sachbüchern, aber auch in der Belletristik und in der Lyrik mit diesen Fragen auseinander setzen, sind aufgerufen, hier ihren Beitrag für eine bessere Welt zu leisten."
Beibehalten will Neumann allerdings das Prinzip des Gastlandes, das ursprünglich im nächsten Jahr auslaufen sollte. In diesem Jahr stellt sich Litauen vor. Volker Neumann betont die gemeinsame Verbindung von Deutschland und Litauen, die in den letzten Jahren verschüttet wurde.
"Fortsetzung folgt" heißt der Titel des litauischen Auftritts und er macht klar, dass die Buchmesse nur der Anfang der neuen gemeinsamen kulturellen Beziehungen ist.