Millionen Kindern droht Arbeit statt Schule
12. Juni 2020Das globale Ausmaß der Beschäftigung von Minderjährigen könne nach rund zwei Jahrzehnten Rückgang durch die verheerenden wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie wieder steigen, warnten zwei UN-Organisationen anlässlich des Internationalen Welttages gegen Kinderarbeit in Genf.
"Millionen Kinder laufen Gefahr, als Folge der Krise wieder in die Kinderarbeit gestoßen zu werden", teilten das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen (UNICEF) und die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) mit. "Das würde bedeuten, dass die Kinderarbeit zum ersten Mal seit dem Jahr 2000 steigt."
ILO und UNICEF betonten, dass die Corona-Pandemie zu wachsender Armut und sinkenden Familieneinkommen führe. In angespannten wirtschaftlichen Lagen sei oft vermehrte Kinderarbeit zu verzeichnen. Kinder, die sich bereits verdingten, müssten länger arbeiten oder gefährlichere Tätigkeiten verrichten. Sie forderten die Regierungen auf, ihre Programme zum Schutz von Kindern vor Ausbeutung auszubauen.
Bis 2025 keine Kinderarbeit mehr?
Die jüngsten ILO-Schätzungen zur Kinderarbeit, veröffentlicht 2017, beziehen sich auf das Jahr 2016. Da arbeiteten etwa 152 Millionen Kinder zwischen fünf und 17 Jahren weltweit. Das waren 94 Millionen weniger als im Jahr 2000. Damals schätzte die ILO, dass die Zahl in diesem Jahr auf höchstens noch 121 Millionen fällt. Ziel der Vereinten Nationen war es, bis 2025 Kinderarbeit zu eliminieren.
Ihr aktueller Bericht geht nun vom Gegenteil aus. Dort heißt es, es gebe schon jetzt Anzeichen, dass die Kinderarbeit steigt, während weltweit Schulen zur Reduzierung der Ansteckungsgefahr mit dem Coronavirus schließen. Mehr als 90 Prozent aller Lernenden seien von vorübergehenden Schulschließungen betroffen, weltweit seien das 1,6 Milliarden junge Menschen. Schulen schützten Kinder auch vor Ausbeutung, diese Kontrolle sei nun weggefallen. "Selbst, wenn die Klassen wieder starten, dürften einige Eltern es sich nicht mehr leisten können, ihre Kinder zur Schule zu schicken", heißt es in dem Bericht.
Weniger als 1,90 Dollar am Tag
Nach Schätzungen der Weltbank könnten 40 bis 60 Millionen Menschen durch die Corona-Krise in diesem Jahr in extreme Armut rutschen. Sie müssten dann mit weniger als 1,90 Dollar am Tag leben.
Konkrete Zahlen können die UN-Organisationen noch nicht vorlegen. Sie verweisen auf frühere Studien etwa in der Elfenbeinküste, Südafrika oder Brasilien, wo die Kinderarbeit nach Konjunktureinbrüchen in die Höhe schnellte.
sam/se (afp, dpa, epd, kna)