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Milliardengeschäft mit Cannabis

Claudia Laszczak
13. April 2017

Bis zu 800.000 Schwerkranke könnten in Zukunft davon profitieren. Cannabis soll gegen Rheuma, Epilepsie oder Multiple Sklerose helfen. Unternehmen wittern einen lukrativen Markt.

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Milliardengeschäft mit Cannabis
Bild: DW/C. Laszczak

Von Kiffern und Hippies keine Spur auf der ersten Internationalen Cannabiskonferenz in Berlin. Sattdessen: jede Menge Geschäftsleute mit Schlips und Anzug. Nein, das hier ist kein Happening, wo die Joints herumgereicht werden, sondern eine seriöse Messe, auf der es ums Geschäft geht - und um die Frage, wie sich in Zukunft ganz legal mit Cannabis Geld verdienen lässt. Denn seit diesem Jahr dürfen Ärzte Haschisch und Marihuana verschreiben. Man bekommt es auf Rezept aus der Apotheke. Ein neues Gesetz macht es möglich. Bisher war der Anbau strafbar, daher gibt es in Deutschland keine Kapazitäten und kaum Firmen, die Technik oder Zubehör dafür anbieten. Das wird sich nun ändern.

Milliardengeschäft mit Cannabis
Hier zeigt eine Firma die Technologie zur Gewinnung von CannabisölBild: DW/C. Laszczak

Auf der Konferenz herrscht Goldgräberstimmung. Die Bundesregierung hat gerade eine neue Cannabisagentur gegründet. Sie soll den Anbau zu medizinischen Zwecken steuern und überwachen. Mit einer EU-weiten Ausschreibung werden aktuell Firmen gesucht, die Cannabis in großem Stil anbauen und verarbeiten können. Die Lizenzen sind begehrt, und nicht jeder Hobbygärtner oder Bauer, der gern eine hätte, erfüllt die Voraussetzungen. Denn die Kriterien sind streng, sagt Georg Wurth, der Geschäftsführer vom Deutschen Hanfverband: "Das Cannabis muss in einer hohen, gleichbleibenden pharmazeutischen Qualität ausgeliefert werden und das macht eine extreme Standardisierung nötig. Die Konzentration der Wirkstoffe THC und CBD darf nicht stark schwanken. Das können wirklich nur Superexperten. Und Outdoor ist unmöglich, auf dem Balkon oder auf dem Acker – keine Chance."

Milliardengeschäft mit Cannabis
Ausgestellt wird auch die neueste Beleuchtungstechnik für HanfkulturenBild: DW/C. Laszczak

Deutsche Firmen sind benachteiligt

Gern hätte die Cannabisagentur Firmen mit Erfahrung im Hanfanbau. Doch woher soll die kommen? "Die Bundesregierung scheint deutschen Startups nicht zuzutrauen, dass sie die geforderte Qualität liefern können, in großen Mengen. Die sind nach Kanada gefahren und haben sich Firmen angeguckt", so Georg Wurth. Für die rund 1000 Deutschen, die bisher mit einer Ausnahmegenehmigung Cannabis beziehen, wird der Bedarf mit Importen aus den Niederlanden gedeckt.

Wieviel in Zukunft benötigt wird, ist noch unklar. Der Hanfverband erwartet einen massiven Anstieg der Therapiezahlen. "Von 500.000 bis hin zu einer Million Schmerzpatienten könnten in Zukunft mit Cannabis behandelt werden", schätzt auch Dirk Rehahn, Geschäftsführer einer Firma für Gewächshaustechnik. Er hofft, dass ein großer Markt entstehen wird. Doch bei der Vergabe der Anbaulizenzen könnten eher Firmen aus Kanada oder den USA zum Zuge kommen, die nur eine europäische Niederlassung gründen müssen. Sie haben jahrelange Erfahrung im professionellen Hanf-Geschäft, denn der Anbau zu medizinischen Zwecken ist zum Beispiel in den USA in 28 Bundesstaaten zugelassen.

Ein Joint gegen chronische Schmerzen?

In acht weiteren ist Cannabis völlig legal – auch als Genussmittel. Allein in Colorado wurden im letzten Jahr rund 400 Millionen Dollar mit Cannabisarzneien umgesetzt. Insgesamt werden in den USA pro Jahr rund drei Milliarden Dollar mit Cannabis umgesetzt. Im Schnitt würde etwa ein Prozent der Bevölkerung behandelt – das wären in Deutschland ca. 800.000 Menschen.

Kanada Toronto Marijuana Dispensary
Auch in Kanada legal: Ausgabestelle in TorontoBild: picture-alliance/ZUMA Wire/J. De Franco

"Es gibt keine Vorgaben dazu, wie Cannabis von den Patienten konsumiert werden soll. Es gibt welche, die sich klassische Tüten bauen mit Tabak, aber das ist nicht empfehlenswert, denn es belastet die Atemwege", so Georg Wurth. Stattdessen gibt es bereits die ersten Anbieter auf dem Markt, die sogenannte Vaporisatoren vertreiben. Wie zum Beispiel die Firma Storz & Bickel aus dem süddeutschen Tuttlingen. "Das sind Geräte, die das Gras nicht verbrennen, sondern der Wirkstoff auf bis zu 180 Grad Celsius erhitzen. So werden nur die Carabinoide herausgelöst. Es entsteht kein Teer, und man bekommt ein reines Aerosol, was gesundheitlich völlig unbedenklich ist", erklärt der Geschäftsführer Jürgen Bickel. Cannabis kann allerdings auch eingenommen werden, in Tablettenform oder als Flüssigkeit. In Zukunft werden in Deutschland viele neue Arzneiprodukte auf den Markt kommen.

Und selbst als Genussmittel könnte Cannabis letzten Endes legalisiert werden. "Das wäre dann natürlich nochmal ein Riesenmarkt. Aber warum soll man ihn den Kriminellen überlassen?" fragt sich der Chef des Hanfverbandes. "Wäre es nicht besser, man könnte ihn regulieren und so auch den Jugendschutz gewährleisten?" Doch bis es soweit ist, bleit Cannabis erst einmal eine Medizin.