Bald Bodenoffensive im Jemen?
26. März 2015Die jüngsten Angriffe der internationalen Militärallianz unter saudischer Führung haben einer Militärbasis in der drittgrößten jemenitischen Stadt Tais gegolten. Das berichteten Bewohner und lokale Behörden. Die saudische Luftwaffe bombardierte außerdem ein Waffenlager in der Stadt Sa'da an der Grenze zu Saudi-Arabien. Zuvor waren bereits die Hauptstadt Sanaa und die südjementische Stadt Al-Huta zu Zielen der Luftangriffe geworden. Nach Aussagen von Anwohnern und örtlicher Behörden habe es dabei insgesamt mehr als 50 zivile Opfer gegeben, zahlreiche Menschen seien verletzt worden.
Die Rebellen, denen die internationale Militäroffensive gilt, geben nicht nach und liefern sich heftige Kämpfe mit den sunnitischen Anhängern des Präsidenten Abd Rabbo Mansur Hadi. Rebellenführer Abdulmalik al-Huthi verurteilte im Fernsehen den Angriff als "ungerechtfertigt" und "kriminell". Aus Angst vor neuen Luftangriffen verlassen hunderte Bewohner die betroffenen Stadtviertel. Der entmachtete Präsident Hadi verließ seinen Palast in der Küstenstadt Aden und setzte sich in die saudiarabische Hauptstadt Riad ab. Am Wochenende will er in Ägypten an einem Gipfel der Arabischen Liga zur Lage im Jemen teilnehmen.
Ägypten schickt Kriegsschiffe
Das mehrheitlich sunnitische Saudi-Arabien hatte zusammen mit arabischen Verbündeten in der Nacht zum Donnerstag mit Luftangriffen auf Huthi-Stellungen im Jemen begonnen. Der saudische Botschafter in den USA, Adel al-Dschubeir, sprach von einer "Koalition von mehr als zehn Ländern", die sich an dem Einsatz beteiligten oder dies planten. Es gehe bei der Offensive darum, gemeinsam mit den Verbündeten der Golf-Region die legitime Regierung Hadis zu verteidigen, so al-Dschubeir.
Die Arabische Liga erklärte, sie stehe "geschlossen" hinter den Koalitions-Luftangriffen. Saudi-Arabien, Katar, Kuwait, Bahrain und die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) teilten in der Nacht zum Donnerstag mit, sie hätten sich dazu entschlossen, auf die Bitte von Hadi zu reagieren, "den Jemen und sein Volk vor der Aggression der Huthi-Miliz zu beschützen". Auch Jordanien, der Sudan, Marokko und Ägypten bestätigten, dass sie sich an dem Angriff beteiligen wollen. Laut einem Marineoffizier sind bereits vier ägyptische Kriegsschiffe auf dem Weg zum Golf von Aden. Durch die Gewässer vor dem Jemen wird ein Großteil der weltweiten Ölversorgung transportiert. An den Börsen sorgte die Eskalation für Verunsicherung und einen weiter steigenden Ölpreis.
Bodenoffensive nicht ausgeschlossen
Die USA und Großbritannien sicherten der vom Königreich Saudi-Arabien angeführten Koalition ihre Unterstützung zu, schlossen eine Beteiligung an den Kämpfen aber aus. US-Außenminister John Kerry sagte in einem Telefonat mit Vertretern der Golfstaaten logistische und geheimdienstliche Untersützung zu. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) sagte gegenüber der "Bild"-Zeitung, die Lage sei gefährlich und er hoffe, dass sich die Situation nicht in einen breit geführten Krieg ausbreite.
Zusätzlich zu den Luftangriffen könne eine Bodenoffensive nötig sein, um die Ordnung in dem Nachbarland wiederherzustellen, sagte ein mit Verteidigungsfragen vertrauter saudischer Insider. Nach Informationen des Senders Al-Arabija hat Saudi-Arabien 150.000 Soldaten und zehn Kampfflugzeuge mobilisiert. Die Vereinigten Arabischen Emirate stellen demnach 30 Kampfflugzeuge, Bahrain und Kuwait jeweils 15 Kampfjets, zehn weitere kommen aus Katar.
Iran kündigt Schritte zur Beilegung der Jemen-Krise an
Die Krise im dem ärmsten arabischen Land droht zu einem Stellvertreterkonflikt zwischen dem schiitischen Iran und mehrheitlich sunnitischen Saudi-Arabien zu werden. Irans Außenminister Mohamed Dschawad Sarif sagte einer iranischen Nachrichtenagentur: "Wir werden alle Bemühungen daran setzen, die Krise im Jemen unter Kontrolle zu bringen." Die Luftangriffe müssten sofort aufhören, weil sie gegen Jemens Souveränität verstießen.
Der Iran unterstützt nach Einschätzung westlicher Staaten und Vertretern der jemenitischen Regierung die Huthi-Rebellen, die gegen den entmachteten Präsidenten Hadi kämpfen. Die Führung in Teheran wieß allerdings den Vorwurf zurück, der Miliz finanziell zu helfen oder sie militärisch auszubilden.
Kampf gegen international anerkannte Regierung
Der Jemen wird seit Monaten von einem bewaffneten Konflikt erschüttert. Die schiitischen Huthi-Rebellen kontrollieren den Norden des Landes und kämpfen gegen die international anerkannte Regierung. Der jemenitische Staatschef war Anfang des Jahres vor den Rebellen aus der Hauptstadt nach Aden geflohen. Doch die Rebellen rücken seit Tagen auch im Süden weiter vor.
nem/gmf (dpa, afp, rtr, KNA)