Attentat auf Gay Pride in Jerusalem
30. Juli 2015Die Veranstalter wussten, auf was sie sich einließen. Nachdem ultraorthodoxe Gruppen bereits im Vorfeld gegen die Parade in Jerusalem protestiert hatten, wurde die Route des Umzugs bewusst weit entfernt von den bedeutenden religiösen Zentren für Christentum, Islam und Judentum gehalten. Außerdem sollten mehrere hundert Polizisten und freiwillige Helfer für einen reibungslosen Ablauf sorgen. Doch trotz der massiven Sicherheitsvorkehrungen gelang es einem Mann am späten Donnerstagnachmittag, zu dem Umzug vorzudringen und auf sechs Teilnehmer einzustechen.
Frisch aus der Haft entlassen
Im israelischen Fernsehen berichteten Augenzeugen, der Mann sei in die Parade gerannt und habe ziellos um sich gestochen, bevor er von Polizisten überwältigt werden konnte. Zwei der sechs Opfer seien dabei schwer verletzt worden, sagte ein Polizeisprecher. Der 40-jährige Angreifer ist für die Beamten kein Unbekannter. Vor genau zehn Jahren verübte er bereits einen Angriff auf die Schwulenparade in Jerusalem. Damals wurde er zu zwölf Jahren Haft verurteilt. Er war allerdings nach Verbüßung von zehn Jahren vor rund drei Wochen aus dem Gefängnis entlassen worden.
Die Parade in Jerusalem ist deutlich kleiner und wird auch zurückhaltender zelebriert als der Umzug in Tel Aviv, zu dem im Juni rund 180.000 Teilnehmer angereist waren. Tel Aviv wurde in den vergangenen Jahren zu einem der beliebtesten Reiseziele für Schwule und Lesben weltweit. In Gegenden, in denen viele orthodoxen Juden leben, sind sie allerdings nach wie vor einer großen Feindseligkeit ausgesetzt. Die Umzugsroute in Jerusalem war bewusst kurz und weit entfernt von den bedeutenden religiösen Zentren für Christentum, Islam und Judentum in Jerusalem gehalten.
Israels Präsident Reuven Rivlin sprach von einem "schrecklichen Hassverbrechen" und warnte vor Intoleranz. "Die Freiheit des Individuums ist einer der grundlegendsten Werte in Israel", sagte Ministerpräsident Benjamin Netanjahu. "Wir müssen sicherstellen, dass in Israel jeder Mann und jede Frau sicher leben kann - wie auch immer sie sich entscheiden", fügte er hinzu. Auch der sephardische Oberrabbiner Izchak Josef verurteilte die Tat und verlangte, der Messerstecher müsse wie ein Mörder bestraft werden.
djo/qu (ap, dpa)