Merkel und Gabriel üben Gleichschritt
25. Mai 2016Natürlich gebe es in der schwarz-roten Koalition auch Streitfragen, dabei auch oft "quer zu Parteien und Fraktionen", räumte der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel ein. Bundeskanzlerin Angela Merkel nannte die Klausurtagung mit ihren Ministern auf Schloß Meseberg in Brandenburg "sehr konstruktiv", und es sei auch "schon mal gelacht" worden. Beide Parteichef gaben sich redlich Mühe, ein Bild der Harmonie zu zeichnen.
Zukunftsthema Digitalisierung
Angesprochen worden sei in Meseberg ein breites Spektrum von ökonomisch und gesellschaftlich wichtigen Fragen. Im Mittelpunkt hätten aber die Zukunftsthemen Digitalisierung und Integration gestanden, berichteten Merkel und Gabriel. Der Bundeswirtschaftsminister charakterisierte die neuen Technologien als große Chance für Deutschland. Als "Industrialisierer der Welt" müsse man sich gegen die Konkurrenz aus den USA und China durchsetzen. Es sei eine der größten Herausforderungen, dem immensen Tempo der Digitalisierung aller Bereiche gerecht zu werden.
Merkel konzentrierte sich auf die Einigung der Koalitionspartner auf das neue Integrationsgesetz. Die Bundeskanzlerin wörtlich: "Ich glaube, das ist ein Meilenstein, dass der Bund ein Integrationsgesetz verabschiedet." Die beschlossenen Maßnahmen stünden unter der Maßgabe "Fördern und Fordern". Die Bundesrepublik werde ein Land, das den Migranten ein "gutes Angebot" mache, meinte die CDU-Chefin. Zugleich "erwarten wir auch, dass die Menschen das Angebot annehmen, dass Integration auch gelingen kann".
"Paradigmenwechsel" hin zum Einwanderungsgesetz
Vizekanzler Gabriel sprach von einem "echten Paradigmenwechsel" im Vergleich zur deutschen Einwanderungsgeschichte der letzten Jahrzehnte. "In ein paar Jahren wird rückblickend dieses Gesetz als erster Schritt in Richtung eines Einwanderungsgesetzes bewertet werden", sagte er. "Erstmals sagt die Bundesrepublik Deutschland: Wir gehen offensiv auf die zu, die kommen."
Das in Meseberg vom Kabinett durchgewinkte Integrationsgesetz sieht einige neue Fördermaßnahmen für Flüchtlinge vor, zum Beispiel einen erleichterten Zugang zum Arbeitsmarkt. Enthalten sind aber auch zahlreiche Verschärfungen - wie Leistungskürzungen bei einer Verweigerung von Integrationsangeboten. Eine unbefristete Niederlassungserlaubnis in Deutschland sollen anerkannte Flüchtlinge künftig nur noch dann bekommen, wenn sie über "hinreichende Deutschkenntnisse" verfügen und ihren Lebensunterhalt "überwiegend" selbst sichern können - und dies erst nach fünf Jahren in Deutschland. Bislang gilt hier eine Wartezeit von drei Jahren.
Merkel: Nicht besorgt wegen Erdogans Drohungen
Auf die Drohungen des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan, das Flüchtlingsabkommen mit der EU platzen zu lassen, reagierte Merkel vor der Presse mit Gelassenheit. Zwar werde die Klärung einiger Fragen wohl noch mehr Zeit in Anspruch nehmen, aber sie sei "nicht besorgt". Die Kanzlerin wiederholte, die Türkei habe noch nicht alle 72 Bedingungen der Europäischen Union für die Visafreiheit erfüllt. Ihr Eindruck sei, dass auf beiden Seiten weiter Gesprächsbereitschaft bestehe.
SC/mak (afp, rtr, phoenix)