Merkels Rede entzweit Bundesregierung
29. Mai 2017Nach den kritischen Worten von Bundeskanzlerin Angela Merkel zum transatlantischen Verhältnis wird aus Teilen der Bundesregierung versucht, den Eindruck einer Abkehr von den USA zu zerstreuen. "Da hat eine zutiefst überzeugte Transatlantikerin gesprochen", betonte Regierungssprecher Steffen Seibert. Gerade weil die transatlantischen Beziehungen so wichtig seien, sei es auch richtig, Differenzen ehrlich zu benennen. "Und die zurückliegenden Treffen haben eben eine Reihe solcher Differenzen hervorgebracht", sagte Seibert mit Blick auf den NATO- und den G7-Gipfel in der vorigen Woche.
"Hervorragende" Zusammenarbeit
Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hob die "überragende Bedeutung" der geheimdienstlichen Zusammenarbeit hervor. Die Kooperation im Sicherheitsbereich sei auch unter der Trump-Regierung "hervorragend" und "hoch professionell", sagte er bei einem Symposium des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV). CDU-Generalsekretär Peter Tauber betonte, dass es nicht "um eine Neuausrichtung unserer Politik" gehe. Merkel selbst erneuerte hingegen ihre Zweifel an der Verlässlichkeit der USA. Beim Besuch des deutschen Nachhaltigkeitsrates betonte sie, dass sich Deutschland und die EU nicht mehr völlig auf Partner verlassen könnten.
Gabriel spricht USA Führungsrolle ab
Deutlich offensiver hörten sich die Äußerungen aus den Reihen der anderen Regierungspartei an. Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD) sprach den USA unter Trump eine Führungsrolle in der westlichen Wertegemeinschaft ab und hielt einen "Ausfall der Vereinigten Staaten als wichtige Nation" fest. Es habe sich nicht nur um einen missglückten G7-Gipfel gehandelt. "Das ist leider ein Signal für die Veränderung im Kräfteverhältnis der Welt", sagte Gabriel. "Der Westen wird gerade etwas kleiner."
SPD-Generalsekretärin Katarina Barley warf der Kanzlerin vor, die direkte Konfrontation mit Trump zu scheuen. "Es ist keine Kunst im Bierzelt über Donald Trump zu schimpfen", sagte Barley. Haltung zeige sich im direkten Aufeinandertreffen bei den großen Gipfeln. "Und genau da knickt Merkel vor Trump ein." Sie habe erst dann den Mut, deutliche Worte zu finden, wenn Trump weg sei, kritisierte Barley.
Merkel hatte am Sonntag nach Ende des G7-Gipfels gesagt: "Die Zeiten, in denen wir uns auf andere völlig verlassen konnten, die sind ein Stück vorbei. Das habe ich in den letzten Tagen erlebt". Sie warb dafür, dass die Europäer ihr Schicksal nun "wirklich in die eigene Hand nehmen" müssten. Die sieben führenden Industriestaaten (G7) hatten zuvor bei ihrem Gipfel im italienischen Taormina kaum Fortschritte erzielt.
wo/uh (dpa, afp, rtr)