Merkel Balkan
21. August 2011Angela Merkels Besuch auf dem Balkan ist eine schwierige Mission. Die Kanzlerin besucht am Montag (22.08.2011) Kroatien, für den Dienstag sind Gespräche in der serbischen Hauptstadt Belgrad geplant. Es ist der erste Besuch von Angela Merkel als Bundeskanzlerin in Serbien. In Kroatien war sie bereits 2007.
Die Ausgangslage in den beiden Ländern ist unterschiedlich. Mit Kroatien steht ein Land auf dem Programm der Kanzlerin, dem die EU im Juni den Weg für eine künftige Mitgliedschaft geebnet hat. Für Serbien liegt dies dagegen noch in weiter Ferne. Auch Belgrad bemüht sich um den Beitritt, hat aber noch keinen Kandidatenstatus.
Die CDU-Politikerin muss den Balanceakt schaffen, der serbischen Seite die Beitrittsperspektiven nicht zu verbauen, ohne zu sehr auf das Thema Kosovo einzugehen. Der jüngste Konflikt an der serbisch-kosovarischen Grenze macht dies sicher nicht einfacher.
Im mehrheitlich von Serben bewohnten Norden des Kosovo war es Ende Juli zu den schwersten Auseinandersetzungen seit 2008 gekommen. Auslöser war ein Handelsstreit um Zollstempel. In einer Nacht- und Nebelaktion rückten kosovarische Sondereinheiten an die Grenze vor, um zwei Kontrollposten zu sichern. Aufgebrachte Serben setzten daraufhin einen der Grenzposten in Brand. Mittlerweile hat sich die Lage beruhigt, dennoch haben die Auseinandersetzungen gezeigt, dass der Konflikt nicht dauerhaft befriedet ist.
Kroatisch-deutsche Beziehungen
Deutschland gilt seit zwei Jahrzehnten als einer der wichtigsten politischen Partner Kroatiens. Dennoch glaubt der Zagreber Politikwissenschaftler Damir Grubisa, dass sich in der jüngsten Zeit das Verhältnis etwas abgekühlt habe. Dies rühre daher, dass Berlin stärkere Maßnahmen bei der Korruptionsbekämpfung in Kroatien fordere. "Dieses Gefühl einer deutschen Zurückhaltung hängt sicherlich auch mit dem Vorwurf der Korruption gegen Ex-Premierminister Ivo Sanader zusammen", sagt Grubisa. Ein Besuch der deutschen Kanzlerin bedeute aber einen Aufwärtstrend in den deutsch-kroatischen Beziehungen.
Budimir Loncar, außenpolitischer Berater des kroatischen Präsidenten Ivo Josipovic, hebt besonders die Bedeutung der deutsch-kroatischen Handelsbeziehungen hervor. Dabei spiele der Tourismus eine große Rolle, so Loncar. Die deutschen Touristen machten inzwischen fast ein Drittel aller ausländischen Urlauber aus. Allerdings bestehe derzeit ein kroatisches Handelsdefizit mit Deutschland. Während Deutschland Waren im Wert von rund zwei Milliarden Euro exportiert, liefert Kroatien nach Angaben des Außenministeriums lediglich Waren im Wert von 827 Millionen Euro. Andererseits sei auch die Investitionsbereitschaft Deutschlands zurückgegangen, so der Politologe Grubisa. Das liege sicherlich an der Bürokratie in Kroatien.
Serbisch-deutsche Beziehungen
Auch für Serbien, die zweite Reisestation von Bundeskanzlerin Merkel, ist Deutschland eines der wichtigsten Partnerländer. In den vergangenen elf Jahren sind rund eine Milliarde Euro für Infrastruktur-, Energietechnik-, Wasserversorgungs- und humanitäre Projekte in das Land geflossen. Nach einer Umfrage der Deutschen Wirtschaftsvereinigung in Belgrad (DWB) gibt es derzeit 360 beim Verband registrierte deutsche Firmen, die rund 20.000 Arbeitsplätze geschaffen haben. Deutsche Investoren müssten aber mit Problemen wie Korruption und Bürokratie kämpfen, hieß es.
Vor allem die Autoindustrie, Lebensmittelkonzerne sowie Unternehmen aus dem Bereich des Umweltschutzes sähen großes Potential in Serbien, so die Leiterin der Abteilung Außenwirtschaft in der serbischen Wirtschaftskammer, Marija Sepi. Serbien locke mit niedrigen Löhnen, günstigen Steuersätzen und gut ausgebildeten Arbeitskräften.
Themen der Reise
Zunächst wird Angela Merkel jedoch die Witwe des 2003 ermordeten serbischen Präsidenten Zoran Djindjic sowie Stipendiaten der Djindjic-Stiftung treffen. Danach wird sie mit dem serbischen Präsidenten Boris Tadic und Ministerpräsident Mirko Cvetkovic zu Gesprächen über die EU-Annäherung Serbiens zusammenkommen. Das wichtigste Thema dürfte dabei der Grenzstreit mit dem Kosovo sein. Vor ihrer Balkan-Reise hat sich Merkel bereits für die Wiederaufnahme des Dialogs zwischen Serbien und dem Kosovo ausgesprochen. Angela Merkel werde die serbische Regierung noch einmal nachdrücklich ermutigen und auffordern, diese Gespräche zu einem positiven Abschluss zu bringen, hieß es in Berlin.
Vier Wochen nach der Eskalation des jüngsten Grenzstreits zwischen Serbien und dem Kosovo sagte Merkel im Vorfeld der Reise, man sehe, wie schnell es zu militärischen Konflikten in dieser Region kommen könne. Deshalb müsse es "der unbedingte Wille" aller EU-Mitgliedsstaaten sein, "Konflikte friedlich miteinander zu lösen - im Dialog und auf der Grundlage rechtsstaatlicher Prinzipien". Merkel hob den Beschluss des EU-Gipfels von Thessaloniki 2003 hervor, allen Ländern Ex-Jugoslawiens eine europäische Perspektive zu geben.
Autoren: S. Bogdanic/I. Petrovic/S. Filipovic
Redaktion: Mirjana Dikic/Diana Hodali/Hajo Felten