Merkels Kabinett steht
17. Oktober 2005Nun ist sie komplett, die Kabinetts-Mannschaft, mit der Union und SPD zusammen regieren wollen. Vorige Woche wurden die acht SPD-Ministerkandidaten bekannt gegeben, jetzt folgten die sechs Posten, die der Union zustehen.
Gezerre um CSU-Ministerposten
Neben einer Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und dem designierten Wirtschaftsminister Edmund Stoiber (CSU) werden dem Kabinett vier CDU-Ressortchefs und ein weiterer CSU-Minister angehören. Und ausgerechnet um den hatte es den meisten Streit gegeben: Horst Seehofer; er soll Landwirtschaftsminister werden. Der frühere Gesundheitsminister (1992-1998) und CSU-Vizechef hatte aus Protest gegen das Gesundheitsprämienmodell der Union vor einem Jahr sein Parteiamt aufgegeben. In der CSU gilt er als bisweilen unberechenbarer Rebell, der sich gern gegen die eigene Partei profiliert. Merkel hatte deswegen CSU-Landesgruppenchef Michael Glos für ein Ministeramt favorisiert. Stoiber wollte mit Seehofer im Kabinett das soziale Profil der bayerischen Partei schärfen und setzte sich in einer kontroversen Diskussion gegen Merkel durch.
Comeback für Schäuble, Beförderung für Schavan
Die CDU-Kandidaten galten dagegen schon vorher als gesetzt. Wolfgang Schäuble, unter dem früheren Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) schon Kanzleramts- und dann Innenminister, soll dieses Amt wieder übernehmen. Für den gebürtigen Freiburger ist es ein politisches Comeback. Er war nach der Abwahl von Helmut Kohl 1998 zum Chef der CDU aufgestiegen, trat aber im Februar 2000 im Zuge der CDU-Spendenaffäre vom Partei- und Fraktionsvorsitz zurück. Zuletzt profilierte er sich als außenpolitischer Experte im Team seiner Nachfolgerin Angela Merkel.
Langjährige politische Erfahrung hat auch Annette Schavan, die seit 1995 Kultusministerin in Baden-Württemberg ist und nun als Bildungsministerin auf die Bundesebene wechselt. Die Philosophin und Theologin war im Dezember 2004 als Kandidatin für das Amt des Ministerpräsidenten in Baden-Württemberg gescheitert. In einer Mitgliederbefragung setzte sich der jetzige Ministerpräsident Günther Oettinger durch.
Karrierefrau und Mutter: von der Leyen
Ein neues Gesicht ist die künftige Familienministerin Ursula von der Leyen. Das nötige Fachwissen bringt die 47-Jährige aus der Praxis mit: Sie ist Mutter von sieben Kindern und Ärztin. Als Quereinsteigerin sitzt sie seit Frühjahr 2003 im niedersächsischen Kabinett und ist dort für Soziales, Familie, Frauen und Gesundheit zuständig. Ihre bundesweite Karriere begann 2004 in der CDU-Kommission zur Gesundheitspolitik. Ihr Blitzstart führte sie direkt ins Präsidium. Von der Leyens Vater ist der frühere niedersächsische Ministerpräsident Ernst Albrecht (CDU).
Rolands Kochs Haudegen
Ein erfahrener Strippenzieher ist der Hesse Franz Josef Jung, der Verteidigungsminister werden soll. Jung gilt als Vertrauter von Ministerpräsident Roland Koch (CDU) und ist Fraktionschef im hessischen Landtag. Der Hobby-Fußballer, der sportlich wie verbal den Angriff bevorzugt, war zuvor hessischer CDU-Generalsekretär und Chef der dortigen Staatskanzlei. Im Zuge der hessischen CDU-Finanzaffäre musste er auf Druck des Koalitionspartners FDP zurücktreten.
Chef des Kanzleramts soll Thomas de Maiziere werden. Der Jurist und Historiker hat schon mehrere Ministerämter in Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen bekleidet. Er gilt als Vertrauter Merkels. De Maiziere stammt aus Bonn und ist der Cousin des ersten frei gewählten DDR-Ministerpräsidenten Lothar de Maiziere (CDU).
Neben den Ministerkandidaten hat Angela Merkel eine weitere Entscheidung getroffen: CDU-Generalsekretär Volker Kauder soll die Fraktion führen.