Merkel zieht den Steuerschlussstrich
10. Mai 2010Nach der Abwahl von "Schwarz-Gelb" in NRW hat Bundeskanzlerin Angela Merkel den vor allem vom FDP-Koalitionspartner im Bund gewünschten Steuersenkungen zunächst eine Absage erteilt. Diese würden voraussichtlich für die nächsten zwei Jahre nicht durchsetzbar sein, sagte die CDU-Vorsitzende am Montag (10.05.2010) nach einer Vorstandssitzung ihrer Partei in Berlin. "Es muss klar sein, dass wir uns jetzt bestenfalls mit der Vereinfachung des Steuersystems befassen", sagte sie. Mit den Vorsitzenden der Koalitionsparteien CSU und FDP, Horst Seehofer und Guido Westerwelle, habe sie darüber bereits gesprochen.
Durch den Machtverlust in Düsseldorf verlieren Union und FDP auch ihre Mehrheit im Bundesrat, die sie für die Umsetzung von Steuersenkungen bräuchten. Ungeachtet der Griechenland-Krise und den daraus resultierenden Belastungen für den Bundeshaushalt hatte die FDP darauf gedrängt, ab 2012 Steuerentlastungen von 16 Milliarden Euro auf den Weg zu bringen.
6200 Stimmen fehlen
SPD-Spitzenkandidatin Hannelore Kraft bekräftigte am Montag den Führungsanspruch ihrer Partei in Nordrhein-Westfalen (NRW), obwohl die Sozialdemokraten bei der Landtagswahl vom Sonntag Platz zwei belegt hatten. Dies allerdings mit minimalem Rückstand auf die CDU von Ministerpräsident Jürgen Rüttgers. Den Sozialdemokraten fehlten lediglich 6200 Stimmen, um stärkste politische Kraft in NRW zu werden: 2.681.736 (CDU) zu 2.675.536 (SPD) hieß es am Ende.
In Berlin und Düsseldorf laufen nun die Beratungen über mögliche Bündnisoptionen auf Hochtouren. Politiker der Christdemokraten sprachen sich für eine große Koalition mit den Sozialdemokraten aus, um "Die Linke" aus der Landesregierung herauszuhalten. SPD und Grüne appellierten an die liberale FDP, sich Gesprächen über eine sogenannte Ampelkoalition nicht zu verweigern. FDP-Spitzenkandidat Andreas Pinkwart schloss entsprechende Verhandlungen jedoch aus.
Grünen-Spitzenkandidatin Sylvia Löhrmann machte klar, dass ihre Partei zuerst mit den Sozialdemokraten über ein rot-rot-grünes Bündnis (SPD-Linke-Grüne) sprechen wolle. "Die SPD muss klären, ob sie bereit ist, sich von der Linkspartei wählen zu lassen", sagte Löhrmann. SPD-Landeschefin Kraft hatte "Die Linke" schließlich in der Vergangenheit immer wieder als "nicht regierungsfähig" bezeichnet.
Zu Gerüchten, wonach die SPD einen Abgeordneten der Linkspartei ins SPD-Lager herüberziehen wolle, um so eine Mehrheit zu haben, sagte Kraft am Montag: "Jetzt muss man erst mal sehen, wie es weitergeht. Man muss jetzt die Gespräche führen. Das wird sicher ein paar Tage dauern. Wir sind zuversichtlich. Wir haben den Auftrag die Regierung zu bilden."
Eigentlich hatte Kraft eine rot-grüne Koalition in NRW angestrebt - Sozialdemokraten und Grünen fehlt jedoch ein einziges Mandat. Auch ein Bündnis aus CDU und Grünen - wie im Bundesland Hamburg - hätte keine Mehrheit. Einer sogenannten "Jamaika"-Koalition aus CDU, FDP und Grünen - wie im Saarland - erteilte Grünen-Bundeschefin Claudia Roth abermals eine klare Absage.
Zukunft ungewiss
Die CDU-Spitze lässt die Zukunft von Ministerpräsident Rüttgers indes offen. Die CDU in NRW habe entschieden, dass Rüttgers mögliche Koalitionsverhandlungen führen solle, sagte der stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende Roland Koch. "Alles weitere wird man dann sehen." Rüttgers selbst räumte angesichts der Wahlschlappe eine "bittere Niederlage" ein. Zugleich bekundete er seinen Willen, sich "dieser Verantwortung zu stellen, sowohl als Ministerpräsident wie als Landesvorsitzender".
Autor: Christian Walz/ Ulrike Quast
Redaktion: Reinhard Kleber/ Stephan Stickelmann