'Es wird hart werden'
1. September 2007In fünf Jahren läuft das derzeitige Kyoto-Protokoll aus. Bis 2009 soll ein Nachfolgeabkommen dieser Klimaschutzvereinbarung ausgehandelt werden. Die Verhandlungen dafür starten im Dezember auf Bali. Angela Merkel (CDU) rechnet mit Schwierigkeiten. "Weil es um viel geht, werden die Verhandlungen hart werden. Aber es gibt keinen Weg, sich davor zu drücken", sagte Merkel am Freitag (31.8.) zum Schluss ihrer einwöchigen Reise nach China und Japan.
Die Bundeskanzlerin nutzte ihre Asienreise, um für eine neue Klimaschutz-Initiative zu werben: Demnach soll der zulässige Kohlendioxidausstoß der Länder zukünftig pro Kopf berechnet werden. Das heißt: Schwellen- und Entwicklungsländer dürften dann mehr Emissionen ausstoßen, während die Industriestaaten ihren Ausstoß drastisch reduzieren müssten.
"Merkels Vorschlag ist als wichtiger, vertrauensbildender Schritt gegenüber den Schwellenländern zu sehen, die wir in allernächster Zukunft dringend beim Klimaschutz dabei haben wollen", sagt Klaus Milke, Vorstandsvorsitzender der Nichtregierungsorganisation Germanwatch. Merkels Ziel ist es, bis 2050 zu einer CO2-Reduktion von 50 Prozent gegenüber 1990 zu kommen.
Für dieses Ziel dürften nach Berechnungen von Germanwatch weltweit allerdings nur zwei Tonnen Kohlendioxid pro Kopf und Jahr ausgestoßen werden. Ein überaus ehrgeiziges Ziel: Nach Angaben der Bundesregierung liegen die Emissionen derzeit in Deutschland bei elf Tonnen im Jahr, in der gesamten EU sind es neun. Die USA produzieren 20 Tonnen CO2 pro Kopf, und selbst China liegt mit 3,5 bereits über den notwendigen zwei Tonnen. Weltweit werden pro Kopf durchschnittlich 4,2 Tonnen CO2 ausgestoßen.
China und Indien haben großen Nachholbedarf
Länder wie China und Indien waren bislang nicht bereit, verbindlichen Reduktionszielen zur Begrenzung des CO2-Ausstoßes zuzustimmen. Sie fordern das Recht, denselben Lebensstandard zu entwickeln, den die Industrieländer schon lange haben - und durch den der weltweite CO2-Ausstoß so hoch ist. Da Merkels Klima-Initiative aber auf einen Vorschlag des indischen Ministerpräsidenten Manmohan Singh beim G8-Gipfel in Heiligendamm zurückgeht, gibt es die Hoffnung, dass zumindest Indien bereit wäre, sich internationalen Verpflichtungen zu beugen.
Doch noch ist das Kyoto-Protokoll in Kraft - und viele Unterzeichnerstaaten sind weit von ihrem Ziel entfernt, die klimaschädlichen Gase bis 2012 gegenüber 1990 um fünf Prozent zu reduzieren. Klaus Milke von Germanwatch hält es daher für wichtig, die Schwellen- und Entwicklungsländer davor zu bewahren, dieselben Fehler wie die Industrieländer zu machen: "Es muss darum gehen, kluge, neue, kreative und intelligente Pfade einzuschlagen, wo wir auch manches vormachen müssen, damit es überhaupt glaubwürdig ist." Beispiel Kohle: Wenn Deutschland den Ausstieg aus der Kohleförderung vormache und zeige, dass ein großer Teil des Energiebedarfs über erneuerbare Energien abgedeckt werden könne, "dann kann man Indien und China, die massiv Kohle haben und sie auch nutzen wollen, dazu überreden, mit ihrer Kohle anders umzugehen."
US-Bürger mit dem Portemonnaie locken
Parallel zur Bundeskanzlerin in Asien warb Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) bei Kaliforniens Gouverneur Arnold Schwarzenegger für eine bessere Klimaschutz-Kooperation Europas mit Nordamerika. Die USA sind der größte Kohlendioxid-Emittent weltweit und haben das Kyoto-Protokoll nie unterschrieben. "Aber was viele nicht wissen, ist, dass sich auf Bundesstaaten- und Kommunalebene in den USA schon sehr viel mehr tut in Sachen Klimaschutz und Emissionshandel als auf nationaler Ebene", sagt Milke, "und da ist Schwarzenegger in Kalifornien eine der wichtigen Leitfiguren."
Das Thema Klimaschutz könnte im nächsten US-Präsidentschaftswahlkampf eine große Rolle spielen. Doch Kritiker vermuten, dass selbst ein demokratischer Präsident einer Initiative wie der von Merkel nicht zustimmen würde. Zu groß wären die Einschnitte, die die Haushalte machen müssten, um ihren CO2-Ausstoß von 20 auf zwei Tonnen pro Kopf zu reduzieren. Für den Germanwatch-Vorsitzenden Milke kommt es daher darauf an, den US-Bürgern noch etwas anderes deutlich zu machen: "Wenn sie Energie sparen, dann zahlt sich das ganz effektiv in Dollars aus. Sie müssen also endlich anfangen, ihre Häuser zu dämmen und treibstoffsparsamere Autos zu fahren."
Bei dem Klima-Gipfel auf Bali wird Merkels Initiative wohl noch keine direkte Rolle spielen können. "Wenn man mit dieser Vorstellung die Bali-Verhandlungen überfrachten wollte, kann man von vornherein davon ausgehen, dass die USA nicht mehr dabei sind", sagt Klaus Milke.