Merkel und Putin setzen auf engen Dialog
18. August 2018"Ich bin der Meinung, dass auch kontroverse Themen nur im und durch das Gespräch gelöst werden können", sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel am Samstagabend im brandenburgischen Schloss Meseberg, wo sie den russischen Präsidenten Wladimir Putin traf. Die Kanzlerin betonte insbesondere die gemeinsame Verantwortung Russlands und Deutschlands für die Friedensbemühungen in Konfliktregionen wie Syrien oder der Ostukraine. Putin erklärte, auch er messe der Zusammenarbeit "große Bedeutung" bei.
Syrien, Ukraine und das Gas
In der internationalen Krisendiplomatie könne auf Russland nicht verzichtet werden, machte Merkel klar. Zugleich warnte sie vor einer humanitären Katastrophe in Syrien. Zwar gingen dort offensichtlich die Kampfhandlungen zurück, nötig seien aber eine Verfassungsreform und Wahlen. Putin rief Europa zur Hilfe in Syrien auf. Eine Wiederherstellung der Infrastruktur sei nötig, damit Flüchtlinge aus dem Ausland heimkehren könnten. Dabei gehe es nicht nur um Rückkehrer aus Europa, sondern auch um Millionen Flüchtlinge aus den Nachbarländern Jordanien, dem Libanon und der Türkei.
Unzufrieden zeigten sich beide mit der Lage in der Ostukraine, "wo wir leider nicht vorankommen", wie Putin sagte. Merkel forderte verstärkte Bemühungen zur Durchsetzung der Minsker Waffenstillstandsvereinbarungen und bekräftigte den deutschen Vorschlag für eine UN-Blauhelmtruppe. Russland steht dem bislang skeptisch gegenüber.
Thema der gut dreistündigen Beratungen im Gästehaus der Bundesregierung nördlich von Berlin war auch die umstrittene Pipeline Nord Stream 2, die ab Ende 2019 russisches Gas durch die Ostsee nach Deutschland transportieren soll. Merkel bekräftigte, dass auch nach Inbetriebnahme der Pipeline die Ukraine "eine Rolle im Gastransit nach Europa spielen" müsse. Die Ukraine fürchtet, durch die Pipeline umgangen zu werden und wichtige Transiteinnahmen zu verlieren. Putin unterstrich seinerseits die Zuverlässigkeit russischer Gaslieferungen. Außerdem hob er die wieder zunehmenden wirtschaftlichen Kontakte mit Deutschland hervor.
Ein Neuanfang?
Nach Einschätzung politischer Beobachter stellt Merkels Treffen mit Putin eine gewisse Rückkehr zur diplomatischen Normalität dar. Die russische Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim 2014 hatte die Beziehungen zum Westen schwer belastet. Russland war damals aus der G8-Staatengruppe ausgeschlossen worden, Putin war seitdem nicht mehr zu einem bilateralen Besuch nach Deutschland gereist.
Merkel musste allerdings eine halbe Stunde länger als geplant auf ihren Gast warten. Putin reiste mit Verspätung aus der Steiermark an, wo er zuvor Gast auf der Hochzeit der österreichischen Außenministerin Karin Kneissl war. Kneissls Einladung an Putin hatte national und international für Irritationen gesorgt. So wurde der Außenministerin vorgeworfen, es an der nötigen Distanz zu Putin fehlen zu lassen und die Rolle Österreichs als Vermittler zwischen Russland und anderen EU-Staaten durch einseitige Parteinahme aufs Spiel zu setzen.
wa/qu (afp, dpa, rtr)