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Merkel siegt, FDP scheitert

23. September 2013

Die Union ist klarer Wahlsieger: Nach Auszählung aller Stimmen kommt sie auf 41,5 Prozent - und verpasst damit nur knapp die absolute Mehrheit. Nun fehlt ein Koalitionspartner, denn die FDP fliegt aus dem Bundestag.

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Angela Merkel steht hinter Deutschlandflaggen (Foto: Reuters)
Bild: Reuters

Bundeskanzlerin Angela Merkel ist auf dem vorläufigen Höhepunkt ihrer Macht: Mit einem Traumergebnis nahe der absoluten Mehrheit haben CDU und CSU bei der Bundestagswahl triumphiert und Merkel die dritte Amtszeit gesichert. Allerdings wurde ihre schwarz-gelbe Koalition nach vier Jahren abgewählt, weil die FDP nach einem beispiellosen Absturz um rund zehn Prozentpunkte erstmals in ihrer Geschichte aus dem Parlament flog. Mit 4,8 Prozent verfehlte sie knapp den Einzug in den Bundestag. Bei der Wahl 2009 erhielt sie noch 14,6 Prozent der Stimmen.

Die SPD holte 25,7 Prozent der Stimmen - eine Verbesserung von 2,7 Prozentpunkten im Vergleich zur Wahl 2009 und gleichzeitig das zweitschwächste Ergebnis ihrer Nachkriegsgeschichte im Bund. Die Grünen mit dem Duo Katrin Göring-Eckardt und Jürgen Trittin sackten ab auf 8,4 Prozent und verloren 2,3 Prozentpunkte. Die Linke bekam 8,6 Prozent. Auch sie hat 3,3 Prozentpunkte eingebüßt. Die eurokritische Alternative für Deutschland (AfD) verpasste bei ihrer ersten Bundestagswahl mit 4,7 Prozent nur knapp den Einzug ins Parlament.

Bundestagswahl: Ergebnis in Prozenten

Nach dem vorläufigen amtlichen Endergebnis ergibt sich im 18. Deutschen Bundestag folgende Sitzverteilung: CDU/CSU 311 Mandate, SPD 192 Mandate, Linke 64 Mandate, Grüne 63 Mandate. Der neue Bundestag hat demzufolge insgesamt 630 Sitze - darunter 28 Ausgleichsmandate.

Ausgang bis zum Schluss offen

Während der Stimmenauszählung lieferten sich CDU/CSU und die Oppositionsparteien SPD, Grüne und Linke ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit mehrfach wechselnden Mandate-Mehrheiten. Die FDP zitterte und hoffte bis zum Schluss, doch noch über die Fünf-Prozent-Hürde zu kommen. Nun muss sie das schlechteste Ergebnis der Parteigeschichte aufarbeiten.

Brüderle und Rösler übernehmen Verantwortung für Wahl-Debakel (Foto: Reuters)
Brüderle und Rösler übernehmen Verantwortung für Wahl-DebakelBild: Reuters

Die Union hingegen schaffte ihr bestes Resultat seit der Einheits-Wahl 1990 - erstmals konnte Merkel als Parteichefin das Ergebnis steigern. Bis zum Schluss war offen, ob die Union nicht doch die absolute Mehrheit erringen würde. Ein Unsicherheitsfaktor war die neue eurokritische Partei Alternative für Deutschland (AfD). Sie verbuchte einen Überraschungserfolg - blieb aber trotzdem knapp unterhalb der Fünf-Prozent-Marke.

Im Bund erreichte bisher nur die Union ein Mal eine absolute Mehrheit: 1957 stimmten 50,2 Prozent für die Partei von Kanzler Konrad Adenauer, der aber dennoch eine Koalition mit der damaligen Deutschen Partei (DP) bildete. Weil bei der aktuellen Bundestagswahl rund elf Prozent der Wählerstimmen an Parteien gingen, die nicht in den Bundestag einziehen werden, hätten dieses Mal rund 42 Prozent für eine absolute Mehrheit ausgereicht.

Union in Feierlaune

"Das ist ein super Ergebnis", sagte Merkel vor jubelnden Anhängern in Berlin. Zu den ersten internationalen Gratulanten gehörten der EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy und EU-Kommissionschef José Manuel Barroso. "Ich bin sicher, dass die Bundesrepublik Deutschland und ihre neue Regierung weiterhin engagiert zum Aufbau eines friedlichen und wirtschaftlich erfolgreichen Europas beitragen werden, das allen Bürgern dient", erklärte Van Rompuy.

Auch der britische Premierminister David Cameron und Frankreichs Präsident Francois Hollande beglückwünschten Merkel. "Ich freue mich darauf, weiterhin eng mit ihr zusammenzuarbeiten", schrieb Cameron über den Kurznachrichtendienst Twitter.

Oppositionsstimmen wenig euphorisch

SPD-Chef Sigmar Gabriel zeigte sich enttäuscht vom Abschneiden seiner Partei: "Ja, wir haben zugelegt, aber wir haben mehr erwartet", sagte er.

Peer Steinbrück und Sigmar Gabriel (Foto: Reuters)
Steinbrück und Gabriel: Freude und Enttäuschung zugleichBild: Reuters

Grünen-Chefin Claudia Roth gab unumwunden zu: "Ich kann nur eines sagen: Dass ich bitter enttäuscht bin von diesem Ergebnis. Das ist eine heftige Niederlage." Der Spitzenkandidat der Linken, Gregor Gysi zeigte sich zufrieden, dass seine Partei drittstärkste Kraft wurde.

Grünen-Spitzenkandidat Jürgen Trittin räumte nach dem Ergebnis der Grünen ein: "Wir haben gespielt, und wir haben verloren. Und das akzeptiert man dann auch." Man werde gegebenenfalls mit der Union Gespräche führen. Aber derzeit sehe er wenig Substanz für gemeinsames Handeln mit der Union, machte Trittin deutlich.

Koalitionspoker eröffnet

Merkel hat jetzt für die Regierungsbildung alle Karten in der Hand - neben Schwarz-Rot ist eben auch die - unwahrscheinlichere - Variante Schwarz-Grün möglich. Merkel versicherte während eines Fernsehauftritts, es sei selbstverständlich, "dass man sich um eine stabile Mehrheit bemüht". Sie wolle stabile Verhältnisse in Deutschland und werde "keine Vabanquespiele eingehen". Die Kanzlerin will während der kompletten Wahlperiode bis 2017 am Ruder bleiben. Eine große Koalition hatte zuletzt von 2005 bis 2009 unter Führung Merkels regiert und Deutschland gut durch die Wirtschafts- und Finanzkrise geführt.

Rot-Rot-Grün liegt zwar nach Sitzen knapp vor der Union, ein solches Bündnis wird aber von der SPD abgelehnt. Eine realistische Regierungsoption ist Beobachtern zufolge nun die große Koalition.

Wahlbeteiligung leicht gestiegen

Knapp 62 Millionen Wahlberechtigte waren aufgerufen über die Zusammensetzung des 18. Bundestags zu entscheiden - darunter drei Millionen Erstwähler. Die Wahlbeteiligung lag mit 71,5 Prozent etwas höher als 2009 mit 70,8.

Für den Bundestag kandidierten 4451 Bewerber in 299 Wahlkreisen. 30 Parteien traten dabei mit Landeslisten an. Jeder Wähler konnte zweimal sein Kreuz machen: mit der Erststimme für einen Direktkandidaten und mit der Zweitstimme für eine Parteiliste mit mehreren Kandidaten. Die Zweitstimme entscheidet darüber, wie stark eine Partei im Bundestag vertreten ist.

nis/gmf (dpa, afp, rtr)