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Merkel, Putin und die Themen von Tomsk

Cornelia Rabitz 25. April 2006

Die Bundeskanzlerin und der russische Präsident treffen sich diesmal in Sibirien. Es geht um Wirtschaft, Beziehungspflege und den Atomstreit mit dem Iran.

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Merkel und Putin im Januar in MoskauBild: AP
Yukos-Öl-Förderanlage in Tomsk Westsibirien
Öl-Förderanlage in TomskBild: picture-alliance/ dpa/dpaweb

Warum die zweitägigen deutsch-russischen Regierungskonsultationen, die am Mittwoch (26.4.2006) beginnen, dieses Mal ausgerechnet im westsibirischen Tomsk - acht Flugstunden entfernt von Berlin - stattfinden, kann auf der deutschen Seite niemand schlüssig beantworten. Aber irgendwann einmal hat man beschlossen, bei Gipfeltreffen gelegentlich auch in die russischen Regionen zu gehen, und nicht nur in die Metropolen Moskau und St. Petersburg. Tomsk - wo es auch ein deutsch-russisches Haus mit Angeboten für Russlanddeutsche gibt - ist für die bilateralen Gespräche offenkundig ein geeigneter Platz: Wissenschafts- und Kulturstandort inmitten einer von umfangreichen Öl- und Gasvorkommen geprägten Region, mit sechs Universitäten und 100.000 Studenten. Das heißt: jeder fünfte Einwohner studiert an einer Hochschule der Stadt.

Zeigen, was Tomsk kann

Zum Forscherdrang gesellt sich ökonomischer Ehrgeiz. Mit High-Tech-Projekten und innovativen Ideen wollen Tomsk und die Region den wirtschaftlichen Aufschwung erreichen. Vom Gipfeltreffen erhofft man sich zwar keinen goldenen Regen, aber doch einen Anschub, einen Schritt vorwärts zum wirtschaftlichen Erfolg. "Anlässlich des Gipfeltreffens haben wir allen unseren Firmen und uns selbst die Aufgabe gestellt, zu zeigen, was wir in Tomsk können, unsere Talente und Besonderheiten, und damit Geschäftsleuten und Unternehmern zu demonstrieren, dass wir interessant sind", sagt der örtliche Gouverneur Viktor Kress.

Russland:Schule für Russlanddeutsche in Tomsk
Das deutsche Gymnasium in TomskBild: PICture-alliance/ dpa/dpaweb

Tomsk ist inzwischen eine so genannte Sonderwirtschaftszone, in der nicht nur die Bewohner, sondern auch mögliche Investoren von Steuervorteilen profitieren sollen. Einen Aufschwung erhoffen sich die Verantwortlichen dabei vor allem für die örtliche High-Tech-Industrie. Zwar wird man, wie der Vorsitzende des Ostausschusses der deutschen Wirtschaft, Klaus Mangold sagte, in Tomsk keine spektakulären Milliarden-Verträge abschließen, aber die Wirtschaft spielt doch in den Gesprächen zwischen Bundeskanzlerin Merkel, die mit einer großen Kabinetts- und Wirtschaftsdelegation anreist, und Präsident Putin eine wichtige Rolle. Die Beziehungen auf diesem Gebiet sind gut, aber man hofft auf weitere Kooperationen, zum Beispiel im Energie-Bereich. Mangold kündigte an, in Tomsk werde man ein Abkommen zur Aus- und Weiterbildung unterschreiben, und auch im "Bahnbereich" werde noch etwas dazu kommen.

Große Wirtschaftsdelegation

Und die Stadt bereitet sich auf den Ansturm der Gipfelteilnehmer und der Journalisten vor. "Es kommen 200 Journalisten hierher, eine große Wirtschaftsdelegation, Vertreter sehr großer deutscher Unternehmen, zum Beispiel BASF und Siemens, die Deutsche Bank, Commerzbank, aber auch große russische Firmen werden hier sein, Gasprom und so weiter", sagt die Vize-Gouverneurin Nelly Kretschetova. "Wir wünschen uns, dass Tomsk nicht nur, wie man in Deutschland sagt, 'Treffpunkt' ist, sondern dass es auch weitere, umfangreiche Perspektiven geben wird."

Die politischen Gespräche werden sich mit dem Streit um das iranische Atom-Programm beschäftigen, mit der Lage im Nahen Osten, mit der Situation in Weißrussland sowie dem G8-Gipfel Mitte Juli in Sankt Petersburg. Mit Angela Merkel reisen unter anderem der Bundesaußenminister sowie die Minister für Finanzen, für Umwelt, und für Wirtschaft nach Tomsk. Im bilateralen deutsch-russischen Verhältnis gibt es derzeit keine wirklichen Probleme. Kanzlerin Merkel setzt, wie ihr Vorgänger Gerhard Schröder, auf den Ausbau der strategischen Partnerschaft, gleichzeitig aber auf einen offenen Dialog.

Anders als Schröder hatte sie bei ihrem Antrittsbesuch in Moskau Mitte Januar das strittige Thema Tschetschenien öffentlich angesprochen. Sie hatte auch gefordert, dass Russland die Arbeitsbedingungen für Menschenrechts-Organisationen nicht einschränken dürfe. Vertreter von Bürgerrechtsgruppen hatte sie bei einem Treffen ermutigt, mit ihrer Arbeit weiter zu machen.