Menschenrechte für Nordkorea?
15. Januar 2013Für Navi Pillay, Hohe Kommissarin der Vereinten Nationen für Menschenrechte, ist eine Untersuchung über die Menschenrechtssituation in Nordkorea "längst überfällig". In einem UN-Bericht heißt es, dass das Regime nur mit "Angst, Repressalien, Kontrolle der Lebensmittellieferung, einem institutionalisierten System der Arbeitslager und Medienzensur" regieren könne. Nach dem Zweiten Weltkrieg war Staatsgründer Kim Il Sung mit Hilfe der ehemaligen Sowjetunion an die Macht gekommen. Um sie zu erhalten, hat er seine Gegner und ihre Familienangehörigen in Gulags gesteckt.
Diese "Barbarei und willkürstaatliche Praxis" ließ sich Kim Joo Il nicht mehr gefallen. Dem Regime, das in der Lage ist, Atomwaffen zu entwickeln, und die Menschen trotzdem hungern lässt, kehrte Kim 2005 den Rücken. Der Offizier der nordkoreanischen Volksarmee schwamm über den streng überwachten Grenzfluss Tumen zwischen China und Nordkorea. Später kellnerte er in China, um seine Weiterreise nach England zu finanzieren. Nach seiner Ankunft in London 2007 wurde aus Kim Joo Il ein Verteidiger der Menschenrechte. Er startet Kampagnen, stellt das nordkoreanische Regime öffentlich an den Pranger, das für Millionen Hungertote verantwortlich sein soll, und hofft auf die Unterstützung europäischer Länder. Sein Ziel: eine demokratisch gewählte Regierung für Nordkorea und eine neue Vision für sein Heimatland.
Konzept für Demokratie
Vor dem britischen Parlament sagte der 39-jährige Kim über die schweren Menschenrechtsverletzungen aus. Sein Bericht, wie Europa den Menschen in Nordkorea helfen kann, wird demnächst von einem regierungsnahen Forschungsinstitut veröffentlicht werden. Europa könne mit einer Stimme sprechen, glaubt Kim. Dies sei ein effektiver Katalysator und werde zu großen Veränderungen führen. "Die europäischen Länder müssen die Menschenrechtsverletzungen ansprechen und den Samen für Demokratie in Nordkorea pflanzen", sagt Kim.
In diesem Zusammenhang spielt Europa eine besondere Rolle, denn der Rest der Welt, vor allem die USA, Südkorea und Japan, würden in Nordkorea als "Feinde" angesehen. "Falls der Vorstoß von Europa käme, würde Nordkorea darüber nachdenken."
Auch die öffentliche Wahrnehmung in Nordkorea über Europa sei differenzierter. Menschen würden die Nachrichten aus den USA auf keinen Fall lesen, da sie schon in der Schule lernen, dass Amerikaner nicht glaubwürdig seien. "Wenn die europäischen Medien dieselbe Botschaft vermitteln, ist die Wahrscheinlichkeit deutlich größer, dass sie akzeptiert werden."
Strategisches Interesse Europas?
"Ich habe große Zweifel daran, dass Europa je ein strategisches Interesse an Nordkorea hatte", sagt Marcus Noland, "die USA und andere asiatische Länder haben es ja wohl." Noland ist der Mitverfasser der Bücher "Hungersnot in Nordkorea" und "Zeitzeugen der Transformation: Wie Flüchtlinge Nordkorea sehen". Im Gespräch mit der DW sagt er: "Egal, was Europa für Pläne hat, sie müssen mit anderen Ländern koordiniert sein."
Gemeint ist die europäische Entwicklungshilfe für das ostasiatische Land, denn Nordkorea gehe sehr "geschickt" mit den Geberländern um. Zu Zeiten der Spannung mit den USA wandte sich Nordkorea an Europa, um die entstandenen Lücken zu füllen. Zur Vorbereitung auf einen Machtwechsel könnte Europa zum Beispiel künftige Führungskräfte Nordkoreas schulen, glaubt Noland: "Ein Land wie Norwegen zum Beispiel könnte die nordkoreanischen Flüchtlinge schulen, während das Nachbarland Schweden mit dem Regime verhandelt". Bevor Nordkorea die westlichen Länder gegeneinander ausspielt, sollten sie ihre eigene Rolle definieren.
Kim ist nach wie vor zuversichtlich, dass Europa sein Heimatland verändern kann. Er sei zu Vermittlungen bereit, als Botschafter der Menschenrechte und Demokratie á la Europa.