Wahlen zum Schaden der Demokratie
In Peru ist der linke Dorfschullehrer Pedro Castillo aller Voraussicht nach zum neuen Präsidenten gewählt worden. Dass er offiziell noch nicht zum Wahlsieger erklärt werden kann, liegt zu einem Teil an dem extrem knappen Ergebnis. Ein weiteres Hindernis ist aber auch, dass sich Castillos Gegnerin weigert, ihre sich inzwischen deutlich abzeichnende Wahlniederlage auch anzuerkennen.
Kurz vor Ende der Auszählung hat die umstrittene rechtsgerichtete Kandidatin Keiko Fujimori eine noch nie gesehene Flut von Klagen gegen Teilergebnisse der Stichwahl vom vergangenen Sonntag in Gang gesetzt. Unterstützt von einer Schar von Anwälten hat Fujimori just vor Fristablauf für das Einreichen von juristische Mitteln Einspruch bei den Wahlbehörden gegen die Ergebnisermittlung in 802 Wahllokalen eingelegt. Ihren Angaben zufolge betrifft das rund 200.000 Wählerstimmen.
Fujimori kann nicht mehr gewinnen
Nach Auszählung von über 99 Prozent der Stimmzettel liegt Castillo mit rund 71.000 Stimmen vorne und ist für Fujimori praktisch nicht mehr einzuholen. Unter anderem auch deswegen, weil die wenigen noch zu zählenden Stimmen vor allem aus armen, ländlichen Regionen stammen, wo Castillo bislang haushoch gewonnen hat.
Fujimori hat ihre Anschuldigungen über einen angeblich systematischen Wahlbetrug zugunsten ihres Gegners öffentlichkeitswirksam präsentiert. Bis auf einzelne Fälle von Unregelmäßigkeiten hat sie aber keine Beweise vorgelegt. Am Montag hatten internationale Beobachter die Wahl als transparent und fair gelobt. Der Vorsitzende der obersten Wahlaufsichtsbehörde sprach nun von einer historisch außergewöhnlichen Anzahl von Klagen, versprach aber, dass diese gelöst werden würden. Dies könnte nun Tage oder sogar Wochen dauern.
Auf den Straßen wächst während dessen der Unmut. Täglich demonstrieren Anhänger beider Lager, um den Wahlsieg für sich zu reklamieren. Natürlich hat Fujimori ein Recht auf eine juristische Anfechtung der Wahlergebnisse, sollte sich ihr Gegner unrechtmäßig Stimmen erschlichen haben. Bislang deutet aber vieles daraufhin, dass ihr bloß jedes Mittel Recht ist, um nach der Macht zu greifen - auch wenn dabei die Demokratie Schaden nimmt. Ihr Verhalten erinnert stark an die Art und Weise, wie Donald Trump Ende 2020 den Wahlsieg seines Herausforderers und jetzigen US-Präsidenten Joe Biden zu verhindern versuchte.
Misstrauen gegen beide Kandidaten
Peru hat eine extrem polarisierte Präsidentenwahl hinter sich. Millionen Peruaner misstrauten beide Kandidaten: dem armen Dorfschullehrer Castillo, der linkspopulistische Ansichten vertritt und teils auch wenig Respekt vor demokratischen Institutionen zeigte. Aber eben auch der Diktatorentochter Fujimori, die das korrupte und autoritäre Regime ihres Vaters zwischen 1990 und 2000 verteidigt und selbst der Korruption bezichtigt wird.
Mit ihrem jetzigen Auftreten scheint Keiko Fujimori nun die schlimmsten Befürchtungen ihrer Kritiker zu bestätigen. Dass sie nämlich - auch wegen ihrer ungleich größeren finanziellen Kraft und ihrem starken Rückhalt beim Großteil der Eliten des Landes - die größere Gefahr für die fragile peruanische Demokratie ist.