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Politik

Streit um das kostbare Wasser in Afrika

Kommentarbild | Dr. Harrison Mwilima
Harrison Mwilima
22. März 2021

Afrikanische Länder müssen aufhören, Verträge aus der Kolonialzeit zu nutzen, um Ansprüche auf Wasserrechte durchzusetzen. Der Klimawandel macht ganz neue Anstrengungen nötig, meint Harrison Mwilima.

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Afrikanisches Mädchen füllt an einer öffentlichen Zapfstelle gelbe Plastikkanister mit Wasser, um sie dann nach Hause zu tragen
Ein Drittel aller Menschen in Afrika leidet schon heute unter den Folgen von WasserknappheitBild: Getty Images/AFP/M. Abdiwahab

Als die Kolonialmächte die künstlichen Linien zogen, die inzwischen die Staatsgrenzen afrikanischer Länder bilden, wurden besonders in Ostafrika oft Seen und Flüsse zur Abgrenzung genutzt. Wo verschiedenen Ländern eine entsprechende Wasserquelle zur Verfügung stand, trafen die Kolonialmächte Vereinbarungen, wer diese in welchem Umfang nutzen durfte - selbstverständlich ohne die Zustimmung der Menschen, die in diesen Gebieten lebten.

Als die Kolonien auf dem Kontinent nach und nach unabhängig wurden, haben sie als unabhängige Länder diese Grenzen übernommen. Heute führt dies häufig zu zwischenstaatlichen Spannungen - vor allem dann, wenn in diesen gemeinsamen Gewässern Ressourcen stecken oder aber das Wasser knapp wird. Dann nutzen einige Länder die von den ehemaligen Kolonialmächten ausgearbeiteten Wasserabkommen gnadenlos zu ihrem eigenen Vorteil aus.

Gemeinsame Ressourcen, nationaler Profit

Der Weltwassertag ist daher Anlass für einen Appell an die afrikanischen Staaten, aufzuhören mit dem Rückgriff auf Wasserabkommen aus der Kolonialzeit, um jeweils alleine von gemeinsamen Ressourcen zu profitieren. Vielmehr müssen die afrikanischen Länder heute gemeinsame Strategien verfolgen, um drohende Wasserkrisen auf dem gesamten Kontinent zu bekämpfen.

Kommentarbild | Dr. Harrison Mwilima
DW-Redakteur Harrison MwilimaBild: Carolin Seeliger

Der Nil, Afrikas längster Fluss, der durch elf afrikanische Länder fließt, ist die Quelle des jüngsten Konflikts. Ägypten und der Sudan wollen an den kolonialen Vereinbarungen Großbritanniens festhalten, die das Wasser des Nils beiden Ländern zuweisen und Ägypten ein Vetorecht bei Projekten am Oberlauf des Flusses einräumen.

Im Jahr 2011 hat Äthiopien jedoch Pläne zum Bau eines riesigen Staudamms mit Kraftwerken zur Stromerzeugung angekündigt. Als Äthiopien dann im Sommer 2020 damit begann, das Wasser des Nils aufzustauen, protestierte Ägypten. Es argumentierte, Äthiopien müsse die kolonialen Wasserverträge einhalten. Äthiopien unterdessen behauptet, es habe das gleiche Recht auf die Nutzung des Nilwassers wie Ägypten.

Vereinbarungen aus der Kolonialzeit haben auch zu einem Streit über den See geführt, der zwischen Tansania und Malawi liegt - Tansanier kennen ihn als Nysa-See, die Malawier nennen ihn Malawi-See. Die Entdeckung von Öl und Gas unter dem Boden des Sees im Jahr 2011 verschaffte einem deutsch-britischen Vertrag aus dem Jahr 1890 wieder neue Bedeutung. Der Vertrag räumt dem damaligen britischen Territorium Malawi das alleinige Recht zur Nutzung des Sees ein. Tansania pocht jedoch darauf, dass der See in Übereinstimmung mit dem internationalen Recht als gemeinsame Ressource von allen Anrainern betrachtet werden sollte.

Äthiopien Grand-Ethiopian-Renaissance-Talsperre
Die Talsperre "Grand-Ethiopian-Renaissance-Dam" staut seit Sommer 2020 im Norden Äthiopiens das NilwasserBild: AFP/Maxar Tech

Klimawandel und Wasserknappheit

Dies sind nur zwei Beispiele von vielen, die zeigen, wie leicht Verträge aus der Kolonialzeit Wasserkonflikte zwischen afrikanischen Ländern auslösen können. Doch während hier jeweils zwei Seiten darüber streiten, wem was zusteht, darf man nicht vergessen: Viele afrikanische Länder sind stark von Wasserknappheit bedroht! Der Klimawandel hat den Kontinent noch anfälliger für Dürren und katastrophale Überschwemmungen gemacht. Schon jetzt hat jeder dritte Bewohner des Kontinents keinen ausreichenden Zugang zur Wasserversorgung mehr.

Um diese Herausforderungen zu bewältigen, müssen die afrikanischen Regierungen zusammenfinden und über die Bedürfnisse ihrer einzelnen Staaten hinaus denken. Die koloniale Karte auszuspielen, um sich den Zugang zu Wasserressourcen zu sichern, trägt nicht dazu bei, die Herausforderung einer sicheren Wasserversorgung für alle zu lösen, vor der die afrikanischen Länder stehen. Und in den kommenden Jahrzehnten noch deutlich stärker stehen werden.

Was wir jetzt brauchen, ist ein nachhaltiges Management der Wasserressourcen: Der Wasserbedarf der heutigen Bevölkerung muss gedeckt werden, ohne die Versorgungssicherheit für zukünftige Generationen zu gefährden.