Wale im Lärmstress
8. Mai 2014Die verstärkte Suche nach Öl- und Gasvorräten im Meer kann nach einer neuen Studie des Umweltbundesamts (Uba) Wale stärker gefährden als gedacht. Denn die Geräte, die zur Erkundung des Meeresbodens eingesetzt werden, erzeugten sehr laute Schallsignale.
Solche Schallwellen könnten die Kommunikation von Meeressäugern noch in 2000 Kilometern Entfernung stören, heißt es in der Untersuchung, die in Berlin veröffentlicht wurde. Blau- oder Finnwale verständigen sich im Wasser vor allem durch akustische Signale - zum Beispiel, wenn es um Nahrung oder Partnersuche geht.
Lärm hat sich in 50 Jahren verdoppelt
Lärm in den Ozeanen ist ein wachsendes Problem für Meeressäuger. Nach Uba-Schätzungen hat sich der Krach unter Wasser in einigen Regionen in den vergangenen 50 Jahren verdoppelt bis verdreifacht. Das liegt vor allem am Schiffsverkehr. Doch auch beim Bau und Betrieb von Offshore-Windenergieanlagen sowie Öl- und Gasplattformen entstehen laute Geräusche.
"Der Lärm in den Meeren wird voraussichtlich weiter zunehmen. Allein schon wegen der weiter anstehenden Rohstofferkundungen in den Weltmeeren", sagt Uba-Präsidentin Maria Krautzberger. Für Wale kann das gefährlich werden. Denn sie sehen praktisch auch mit ihren Ohren - über große Entfernungen. Werden Schallsignale von Meeressäugern durch Lärm gestört, kann das ihre biologische Fitness verschlechtern, heißt es in der Studie.
Seismischen Geräte zur Erkundung des Meeresbodens heißen Airguns oder Luftpulser. Sie sind eine Art von Unterwasser-Knallgeräten, die durch den hohen Druck zusammengepresster Luft Schallwellen erzeugen. Diese Wellen werden von den Gesteins- und Sedimentschichten im Boden zurückgestreut. Aus solchen akustischen Mustern ziehen Geologen Rückschlüsse, ob in Bodenschichten zum Beispiel Gas oder Öl lagern können.
Verständigung der Wale gestört
Der größte Teil der Airgun-Schallwellen stammt aus dem tiefen Frequenzbereich bis 300 Hertz. Damit ist eine Überschneidung mit Lauten und Gesängen von Walen und auch Robben möglich. Die neue Uba-Studie weist darauf hin, dass Airgun-Signale über eine Entfernung bis mindestens 2000 Kilometern wirken. Deshalb könnten sie auch Tiere innerhalb des besonders geschützten Bereiches der Antarktis südlich des 60. Breitengrads treffen.
In Entfernungen ab 1000 Kilometern könnten sich die Impulse zu einem kontinuierlichen Geräusch ausdehnen. Das schränke die Verständigung von Blau- und Finnwalen in der Antarktis ein. Akustische Störungen können unterschiedlich auswirken: Manche Wale verlassen ein Gebiet, wenn es ihnen zu laut ist, andere rufen selbst lauter - oder verstummen ganz. Durch Lärm im Meer können die Tiere aber auch abgelenkt sein und ein Beutetier oder einen Feind später oder gar nicht hören.
re/det (dpa, faz.net)