Mehr Flüchtlinge nach Deutschland?
25. August 2014So richtig festlegen wollte sich der stellvertretende Regierungssprecher nicht: "Sicher wird man über Flüchtlinge weiter sprechen und auch weiter prüfen, wie viel man aufnehmen kann", sagte Georg Streiter in Berlin. Aber, fügte er schnell hinzu, Festlegungen könne er keine treffen.
Der Druck auf Deutschland nimmt auf jeden Fall zu. Auch Politiker aus der Regierungsfraktion CDU/CSU plädieren für weitere Hilfen neben geplanten Waffenlieferungen, die von der Koalition aus Konservativen und Sozialdemokraten befürwortet werden. Eine verbindliche Entscheidung steht aber auch in dieser Frage noch aus.
Unionsfraktionschef Volker Kauder fordert unter dem Eindruck des menschlichen Leids im Nordirak weitere Zusagen Deutschlands. Der Vertraute von Bundeskanzlerin Angela Merkel hält sich momentan in der umkämpften Region auf.
In Erbil traf er den Präsidenten der kurdischen Autonomiegebiete, Massud Barsani, zu einem Gespräch. Dem ARD-Fernsehen sagte Kauder, die unter dem Vormarsch der Terrorgruppe "Islamischer Staat" (IS) leidenden Menschen müssten vor Ort mit Hilfen versorgt werden. Kauder verwies in diesem Zusammenhang auf den bevorstehenden Winter und ergänzte, "dass wir noch einmal eine Zusage machen müssen, zusätzliche Flüchtlinge aufzunehmen".
Entwicklungsminister fordert "europäisch koordinierte Sofortaktion"
Kauders Stellvertreter Andreas Schockenhoff, der seinen Fraktionsvorsitzenden im Nordirak begleitet, plädiert ebenfalls für die Aufnahme weiterer Flüchtlinge. Die Bundesregierung hat bislang ein Kontingent von 10.000 Menschen zugesagt. Das sei vermutlich zu wenig, vermutet Schockenhoff. "Ich bin klar dafür, das den gegebenen Situationen anzupassen", sagte der Unionspolitiker dem "Deutschlandfunk".
Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) vermisst eine "europäisch koordinierte Sofortaktion". In der "Augsburger Allgemeinen" forderte er die Europäische Union (EU) auf, eine Milliarde Euro zusätzlich für die Flüchtlingshilfe bereitzustellen. Die EU laufe Gefahr, "humanitär zu versagen", sagte Müller. Deutschland nahm er von seiner Kritik aus. Kein anderes Mitgliedsland engagiere sich mehr.
Gesellschaft für bedrohte Völker ist alarmiert
Auch die Linke, stärkste Oppositionsfraktion im Deutschen Bundestag, erwartet zusätzliche Leistungen aus Deutschland. Es müssten humanitäre Hilfsgüter geliefert und mehr Flüchtlinge aus der Krisenregion aufgenommen werden, sagte Fraktionschef Gregor Gysi. Deutschland sollte sich für Gespräche zwischen Kurden, Sunniten und Schiiten einsetzen.
Mit dem Schlimmsten rechnet die in Göttingen ansässige Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV). Seit Anfang Juni seien mindestens eine halbe Million Menschen verschiedenster Religionen und Ethnien von der Terrorgruppe "Islamischer Staat" vertrieben worden. Alle diese Menschen hofften auf Hilfe auch aus Deutschland, sagte GbfV-Generalsekretär Tilman Zülch. Der Bundestag müsse ein "starkes Zeichen setzen und sich für einen aktiven Beistand aussprechen".