Mehr als 330.000 Menschen im Sudan auf der Flucht
2. Mai 2023Allein innerhalb des Landes seien mehr als 330.000 Menschen geflohen, sagte ein Sprecher der Internationalen Organisation für Migration (IOM) in Genf. Vor Ort in Khartum berichteten Zeugen am Dienstag von "Bombardierungen aus der Luft" in mehreren Teilen der Stadt.
Neben der Fluchtbewegung innerhalb des Landes suchten nach Schätzungen des Flüchtlingshilfswerks UNHCR seit Beginn der Kämpfe mehr als 100.000 Menschen in Nachbarländern des Sudans Zuflucht. Die weitere Entwicklung der Lage sei nicht vorhersehbar, sagte eine UNHCR-Sprecherin. Die Hilfsorganisation schätzt, dass mehr als 800.000 Menschen aus dem Sudan fliehen könnten, sollte der Krieg andauern.
Bereits mehr als 500 Tote
Seit mehr als zwei Wochen kämpfen in dem nordafrikanischen Land Armeeeinheiten unter dem Kommando von Militärmachthaber Abdel Fattah al-Burhan gegen die von General Mohamed Hamdan Daglo angeführte RSF-Miliz. Bei den Gefechten wurden nach offiziellen Angaben bereits mehr als 500 Menschen getötet und tausende weitere verletzt. Bis Mittwoch sollte eine Waffenruhe gelten, die aber immer wieder gebrochen wird.
"Wir hören vereinzelte Schüsse, das Dröhnen von Kampfflugzeugen und die Flugabwehrschüsse", berichtete ein Bewohner Khartums. Weitere Zeugen sprachen von "Bombardierungen aus der Luft" in verschiedenen Teilen der Hauptstadt.
Wasser-, Strom- und Lebensmittelmangel
Zusätzlich zu dem Beschuss leiden die Menschen vor Ort an Wassermangel, es fehlt an Strom und Lebensmitteln. Nach Angaben des UN-Büros OCHA fehlen den Hilfsorganisationen 1,5 Milliarden US-Dollar (rund 1,37 Milliarden Euro), um die durch die Kämpfe verschärfte humanitäre Krise im Land zu bewältigen. Der Konflikt habe das Land in eine "echte Katastrophe" gestürzt.
Nach Einschätzung der unabhängigen ostafrikanischen Analystin und Politikwissenschaftlerin Abiol Lual Deng, erinnert die Gewalt in Khartum an die Lage in Darfur: "Dieser Konflikt ist im Grunde eine Wiederbelebung des Darfur-Konflikts, obwohl beide militärischen Gruppen an diesem Konflikt beteiligt waren und auf der Seite des [ehemaligen Präsidenten] Omar al-Bashir gegen die afrikanisch identifizierten Milizen dort arbeiteten", sagte Deng im Interview der Deutschen Welle.
"Viele dieser Taktiken, die in Darfur angewandt werden, sind leider ziemlich klassisch: offene Angriffe auf Zivilisten, Angriffe auf humanitäre Hilfe. Es ist wie eine Art Kriegs- oder Konfliktökonomie, die sich aus Plünderungen humanitärer Hilfsgüter und Fahrzeugen mit diesen ergibt."
Südsudan: Siebentägige Waffenruhe "prinzipiell" vereinbart
Nach Angaben südsudanischer Vermittler haben sich die Konfliktparteien "prinzipiell" auf eine siebentägige Feuerpause verständigt. Armeechef al-Burhan und der Anführer der RSF-Milizen, Dagalo, vereinbarten, dass die Waffen zum 4. Mai schweigen sollen, wie das südsudanesische Außenministerium in Juba mitteilte. Demnach betonte der südsudanische Präsident Salva Kiir die Bedeutung eines längeren Waffenstillstands und die Ernennung von Vermittlern für Friedensgespräche. Beide Seiten seien einverstanden, solche Personen zu benennen. Kiir vermittelt seit wenigen Tagen als Vertreter des nordostafrikanischen Regionalverbunds IGAD zwischen den beiden Konfliktparteien.
Unklar ist allerdings, wie verlässlich diese Ankündigung sein wird. In den vergangenen Tagen wurden vereinbarte Waffenruhen wiederholt nicht eingehalten. Südsudan hat sich bereiterklärt, eine Vermittlerrolle in dem Konflikt einzunehmen und als Gastgeber für Gespräche zu fungieren.
"Ich denke, dass dieser Konflikt von allen Beteiligten gelöst werden muss. Offensichtlich werden die Generäle auf beiden Seiten von verschiedenen Parteien, verschiedenen staatlichen Akteuren finanziert. Und auch der Sudan als Land wird letztendlich von einigen westlichen Gebern und sogar von Ländern wie China finanzielle Anreize für seine kaputte Wirtschaft benötigen, die die Ursache für viele dieser Probleme ist. Ich denke also, dass die westlichen Länder wie die USA, Großbritannien und Norwegen, die traditionell eine wichtige Rolle im Sudan spielen, aber auch die aufstrebenden Volkswirtschaften wie China und andere, alle Hände voll zu tun haben", so Deng.
nob/uh (afp, epd, dpa)