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Menschenrechte in Russland

4. Juni 2009

Die Lage der Menschenrechte hat sich in Russland kaum verändert. Im Nordkaukasus verschlechtert sich die Situation sogar. Die DW sprach mit dem Leiter der russischen Vertretung von Amnesty International, Sergej Nikitin.

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Sergej NikitinBild: DW

Deutsche Welle. Amnesty International hat in seinem Jahrsbericht festgestellt, dass sich unter Präsident Dmitrij Medwedjew die Menschenrechtslage in Russland in einigen Bereichen verschlechtert hat. Von welchen ist da die Rede?

Sergej Nikitin: Das sind die Bereiche, die wir im Memorandum an den russischen Präsidenten aufführen, dem Dokument, das zeitgleich mit dem Bericht von Amnesty International der Öffentlichkeit vorgestellt wurde. Wir machen auf die Einschränkung der Meinungsfreiheit aufmerksam. Wir sehen auch keine wesentliche Verbesserung der Lage von Non-Profit-Organisationen. Wir stellen fest, dass sich die Lage der Menschenrechte im Nordkaukasus verschlechtert, und dabei handelt es sich nicht nur um Tschetschenien, sondern auch um Inguschetien und andere nordkaukasische Republiken. Menschenrechtler werden überfallen und bedroht. Wir erleben, dass sich im Land ein Klima der Straflosigkeit durchsetzt. Wir machen darauf aufmerksam, dass der Mord an der russischen Journalistin Anna Politkowskaja nicht geklärt ist und dass der Gerichtsprozess eigentlich ergebnislos war. Wir sprechen über den Überfall auf den Menschenrechtler Lew Ponomarjow und die Morde an dem Anwalt Stanislaw Markelow und der Journalistin Anastasja Baburowa. Es gibt noch eine lange Liste mit Menschen, die weniger bekannt sind, die in den Regionen ihr Leben verloren haben. Wir reden auch darüber, dass immer mehr Fälle von Folter und anderer Gewalt gegen Festgenommene festgestellt werden. Mitarbeiter der Miliz verhalten sich oft rechtswidrig und foltern im Gewahrsam. Vor allem machen wir auf die Lage von Michail Chodorkowskij und Platon Lebedjew aufmerksam, da deren Recht auf ein faires Verfahren verletzt wurde. Natürlich lassen wir auch den russisch-georgischen Konflikt nicht außer Betracht. Hier stellen wir Verstöße durch die russischen Streitkräfte fest, nämlich deren Unfähigkeit, die Bevölkerung vor Angriffen südossetischer Milizen zu schützen. Wir fordern zudem die russische Führung zu einer engeren Zusammenarbeit mit internationalen Organisationen auf.

Gibt es denn Bereiche, in denen sich die Lage verbessert hat?

Aus unserer Sicht ist die Tatsache positiv, dass sich Dmitrij Medwedjew mit dem Menschenrechts-Ausschuss von Ella Pamfilowa getroffen hat, an dessen Arbeit bekannte Menschenrechtler und Persönlichkeiten beteiligt sind. Das war ein langes, ernstes Gespräch. Wichtig ist, dass bei dem Treffen Einvernehmen in der Frage erzielt wurde, dass Änderungen zum Gesetz über Non-Profit-Organisationen längst überfällig sind. Streng genommen hat die Reform des einschlägigen Gesetzes vor fast drei Jahren eine Atmosphäre von Feindseligkeit und Misstrauen gegenüber nicht-staatlichen Non-Profit-Organisationen sowohl auf Seiten der Gesellschaft als auch der Behörden geschaffen.

Auf was führen Sie zurück, dass sich die Erwartungen an eine Verbesserung der Lage der Menschenrechte unter Medwedjew bislang nicht erfüllt haben?

Man kann natürlich nur vermuten, welche Gründe Medwedjew daran gehindert haben, den Worten Taten folgen zu lassen, aber das ist es, was wir in allen unseren Dokumenten betonen. All die wunderbaren Worte und Slogans des Präsidenten der Russischen Föderation bei verschiedenen öffentlichen Veranstaltungen - sie sind zum gegenwärtigen Zeitpunkt praktisch mit keinen Taten untermauert. Daher unser Appell an Medwedjew - endlich den Worten Taten folgen zu lassen.

Autor: Wladimir Sergejew / Markian Ostaptschuk
Redaktion: Bernd Johann