Medizinpreis für Forschung zu Autoimmunerkrankungen
23. Januar 2018Die Preisträger, Cerami und Wallach, haben sich mit dem Botenstoff TNF - Tumor-Nekrose-Faktor - beschäftigt und dessen Wirkung in Entzündungsprozessen. "Der Tumor-Nekrose-Faktor kommt zentral in Entzündungsreaktionen vor", sagt Thomas Boehm vom Max-Planck-Institut für Immunbiologie und Epigenetik in Freiburg. Er ist auch Vorsitzender des Stiftungsrates.
Die Behandlung von Autoimmunerkrankungen - wie Rheuma, Morbus Crohn oder Schuppenflechte - seien durch die Forschung von Anthony Cerami und David Wallach revolutioniert worden, so Boehm.
Die Rolle des TNF
Anthony Cerami konnte zeigen, dass TNF ein Botenstoff des Immunsystems ist. Er löst die Entstehung von Autoimmunerkrankungen aus. Durch seine Forschungsergebnisse konnte Cerami Behandlungsmethoden entwickeln. Sie basieren darauf, TNF zu hemmen.
Wenn wir uns mit Bakterien infizieren, braucht unser Körper ein Signal, damit das Immunsystem in Aktion treten kann. Bei Autoimmunerkrankungen reagiert der Körper quasi falsch. "Bei rheumatischen Erkrankungen oder etwa bei Schuppenflechte wird im Körper Alarm ausgelöst, obwohl es eigentlich gar keinen Grund dafür gibt. Aber wenn der Alarm einmal ausgelöst ist, folgen entsprechende Reaktionen."
Anstatt nur infiziertes Gewebe anzugreifen, attackiert der Körper fälschlicherweise körpereigenes Gewebe und zerstört es. Als einer der wichtigsten Therapieansätze gilt deshalb die Hemmung von TNF.
Die Rolle der Rezeptoren
Auch David Wallach hat an TNF geforscht. Er hat sich dabei auf zwei Rezeptoren konzentriert. Sie befinden sich auf der Oberfläche der Zellen. Wallach hat die Signalwirkung dieser Rezeptoren entschlüsselt. So konnte er zeigen, dass die ausgehende Signalwirkung entweder zum programmierten Zelltod führt oder dazu, dass die Zelle überlebt.
"Cerami hat das Wirkmolekül entdeckt und beschrieben, und Wallach hat dasselbe Molekül wie sein Kollege bearbeitet und auch noch zur selben Zeit, ohne es zu wissen. Er hat dem Molekül auch einen anderen Namen gegeben. Er hat es Zytotoxin genannt, also zelltötendes Molekül", erläutert Boehm.
Die Umwege des TNF
Schon Mitte der 1980er-Jahre hatte Cerami TNF als Botenstoff des Immunsystems nachgewiesen. Damals jedoch sollte TNF im Kampf gegen Krebs eingesetzt werden. Die Erkenntnis, das TNF Entzündungen fördert, führte dazu, dass die Erforschung als Krebsmedikament nicht weiter verfolgt wurde.
Allerdings konnte Cerami nachweisen, dass es möglich ist, TNF durch Antikörper bei Erkrankungen wie Rheuma oder Sepsis zu hemmen. Er fand in einem Protein mit der Bezeichnung Erythropoetin (EPO) einen natürlichen Gegenspieler des TNFs. Dieses Protein ist für die Bildung roter Blutkörperchen entscheidend. Diese Eigenschaft des Proteins machten sich auch Profisportler zunutze: Sie verwendeten es illegalerweise als Doping-Mittel.
Der Wissenschaftler entdeckte jedenfalls, dass mit EPO Entzündungen gestoppt werden können beziehungsweise die Zerstörung gesunder Zellen begrenzt werden kann.
TNF und seine vielschichtige Rolle bei Autoimmunerkrankungen sind damit allerdings noch lange nicht umfassend erforscht.