Medien, Politik und das digitale Zeitalter
22. Juni 2015Wenn Barack Obama twittert, landen seine Botschaften bei gut 60 Millionen Followern. Der US-Präsident führt die Liste der twitternden Weltführer an. Mit weitem Abstand folgt Papst Franziskus. Rechnet man seine Twitter-Konten in neun Sprachen zusammen, folgen ihm rund 20 Millionen User. Auf Platz drei steht zur Zeit Indiens Ministerpräsident Narendra Modi mit knapp 13 Millionen Followern.
Das Internet und soziale Netzwerke sind zu wichtigen Instrumenten der Politik und der Diplomatie geworden. Mehr als 170 Staats- und Regierungschefs unterhalten persönliche Twitter-Accounts. Zugleich mischen sich auch die Regierten über soziale Netzwerke, mit Blogs und Mikroblogs, über das Teilen von Informationen, Bildern und Videos massiv in das politische Geschehen ein. Die digitale Revolution hat die Politik erreicht - und krempelt sie um.
Digitale Revolution erreicht die Politik
Das Verhältnis zwischen Medien und Außenpolitik im digitalen Zeitalter ist Gegenstand des mittlerweile achten Global Media Forums der Deutschen Welle. Mehr als 2000 Teilnehmer aus 130 Ländern kommen ab diesem Montag drei Tage lang in Bonn zusammen, darunter mehr als 500 Journalisten. Das Themenspektrum der gut 40 Einzelveranstaltungen ist breit. Wie lässt sich der Missbrauch des Internets für extremistische Propaganda verhindern und unterlaufen? Welche Sicherheitsrisiken gehen von Konflikten um Ressourcen wie Erdöl oder Wasser aus? Eine interaktive Computersimulation zeigt, wie die Berichterstattung über einen Konflikt eben diesen Konflikt beeinflussen kann. An anderer Stelle wird untersucht, wie der Konflikt in der Ukraine nicht nur mit Waffen geführt wird, sondern auch zu einem Informations- und Propagandakrieg eskaliert.
Ralf Nolting ist einer der zwei Geschäftsführer der DW Media Services, die für die Deutsche Welle die dreitägige Medienkonferenz organisiert. Für Nolting schließt das Global Media Forum die Lücke zwischen Experten, Medien und damit Mediennutzern: "Wir haben auf vielen Fachkonferenzen festgestellt, dass die dort versammelten Experten immer wieder gesagt haben, wie wichtig es wäre, dass die Ergebnisse dieser speziellen Konferenzen eine breitere Öffentlichkeit erreichen würden." Umgekehrt hat Nolting in den letzten Jahren viel positives Feedback der am Global Media Forum beteiligten Journalisten bekommen. Die hätten die in Bonn gewonnen Erkenntnisse nach eigenen Angaben direkt in ihrer Berichterstattung umgesetzt. "Wenn man zusammen addieren würde, welche Reichweite die beim Global Media Forum vertretenen Medien haben, wären wir ziemlich überrascht, was für eine ungeheuer große Zahl an Menschen wir weltweit erreichen mit diesen Multiplikatoren, die wir nach Bonn einladen", gibt sich Nolting überzeugt.
Auf zwei - sehr unterschiedliche - Gäste freut sich Konferenzorganisator Nolting besonders: Auf Vitali Klitschko, den Ex-Profiboxer und jetzigen Bürgermeister von Kiew. Und auf Scilla Elworthy, die zum Abschluss der Konferenz sprechen wird: "Dreimal für den Friedensnobelpreis nominiert, Gründerin der Oxford Research Group! Eine Frau, die sich dafür einsetzt, dass Wirtschaftsführer und politische Führer sich besinnen und das wirklich Notwendige tun, damit das Leben auf diesem Planeten weiter existieren kann", gerät Nolting fast ins Schwärmen.
"Freedom of Speech"- und "BoBs"-Award
Wie in jedem Jahr werden im Rahmen des Global Media Forums die Preise des Best of Blogs Awards der Deutschen Welle verliehen. Dieses Jahr unter anderem an die Bloggerin Rafida Bonya Ahmed aus Bangladesch. Sie setzt die Arbeit ihres Mann Avijit Roy fort, der im Februar brutal ermordet worden war. Erstmals wird beim Global Media Forum der neu geschaffene Freedom of Speech Award vergeben, an den in saudi-arabischer Haft sitzenden Blogger Raif Badawi. Der Blogger setzt sich seit vielen Jahren für Meinungsfreiheit in seinem Land ein. Auf der Webseite "Freie Saudische Liberale" prangert er politische und gesellschaftliche Missstände in Saudi-Arabien an. Vor sieben Jahren wurde Badawi zum ersten Mal unter dem Vorwurf verhaftet, er habe "eine elektronische Seite aufgebaut, die den Islam verhöhnt". Im Mai 2014 verurteilte die saudische Justiz den 31-Jährigen zu 1000 Stockschlägen, zehn Jahren Gefängnis und einer Geldstrafe von umgerechnet knapp 200.000 Euro.
Dabei ist das saudische Herrscherhaus Twitter gegenüber durchaus aufgeschlossen – sofern aus Regierungssicht "richtige" Inhalte verbreitet werden: König Salman selbst hat über drei Millionen Follower auf Twitter.