May bietet Votum über Brexit-Verschiebung an
26. Februar 2019Die britische Premierministerin Theresa May will das Unterhaus über eine Brexit-Verschiebung abstimmen lassen. Sollte ihr Austrittsabkommen mit der EU bis zum 12. März noch einmal abgelehnt werden, will May die Parlamentarier entscheiden lassen, ob das Land die EU ohne Vertrag verlässt. "Das Vereinigte Königreich wird am 29. März nur mit ausdrücklicher Zustimmung des Unterhauses ohne Deal austreten", sagte May in Westminster.
Falls die Abgeordneten auch einen ungeregelten Brexit ablehnen, will die Regierungschefin über eine Verschiebung des EU-Austritts abstimmen lassen. Der Aufschub sollte maximal bis Ende Juni gelten. Noch am Montag hatte May erklärt, sie halte am geplanten Brexitdatum fest.
Drohung der Rebellen
Mehrere Regierungsmitglieder hatten zuvor gedroht, der Premierministerin das Heft aus der Hand zu nehmen. Sie kündigten an, notfalls für einen Antrag zu stimmen, der May zwänge, den Austritt zu verschieben. Bis zu 15 Parlamentarische Staatssekretäre seien bereit, ihre Ämter niederzulegen, berichtet die Zeitung "Daily Mail". Drei bekannten sich dazu, am Mittwoch im Parlament parteiübergreifend gegen May zu votieren, um einen No-Deal-Brexit abzuwenden.
Für einen Paukenschlag hatte am Montagabend der Chef der oppositionellen Labour-Partei, Jeremy Corbyn, gesorgt: Er kündigte an, seine Partei stelle sich hinter die Forderung nach einem zweiten Brexit-Referendum. Zuvor wolle man allerdings versuchen, die Regierung von den eigenen Brexit-Plänen zu überzeugen. Labour setzt sich dafür ein, dass Großbritannien in einer Zollunion mit der EU bleibt. Das lehnt May jedoch kategorisch ab.
"Absturz in die Rezession"
Das Parlament hatte im Januar den von May ausgehandelten Ausstiegsvertrag mit der EU mehrheitlich verworfen. Die Kritik der Abgeordneten entzündete sich vor allem an der Frage des sogenannten Backstop. Dabei geht es um eine Rückfalloption, falls die EU und Großbritannien sich nach einem EU-Ausstieg nicht auf ein Zollabkommen einigen. Der Backstop soll verhindern, dass es zu Grenzkontrollen zwischen dem britischen Nordirland und dem EU-Mitglied Irland kommt. Gegner lehnen ihn ab, weil sie fürchten, Großbritannien bleibe dadurch dauerhaft an die EU gekettet.
Ohne Ratifizierung im Unterhaus ist der Brexit-Vertrag mit Brüssel hinfällig. Verlässt London wiederum ohne Abkommen die EU, drohen große wirtschaftliche und politische Verwerfungen - innerhalb Großbritanniens, aber auch darüber hinaus. So beziffert der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) den Rückschlag für die deutsche Wirtschaft in diesem Fall mit mindestens 0,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. "Das wären rund 17 Milliarden Euro weniger Wirtschaftskraft allein in diesem Jahr", sagte BDI-Hauptgeschäftsführer Joachim Lang.
Brüssel signalisiert Geduld
Großbritannien hatte nach dem Brexit-Referendum von 2016 den Austritt aus der EU zum 29. März 2017 erklärt. Nach Artikel 50 des EU-Vertrages endet daraufhin spätestens nach zwei Jahren die Mitgliedschaft - "es sei denn, der Europäische Rat beschließt im Einvernehmen mit dem betroffenen Mitgliedstaat einstimmig, diese Frist zu verlängern", wie es in dem Vertrag heißt. Damit müssten einem britischen Antrag auf Verlängerung alle anderen 27 EU-Staaten zustimmen - was sie nach Einschätzung vieler Beobachter mit hoher Wahrscheinlichkeit täten.
jj/uh (dpa, afp)