1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
PolitikGeorgien

Massenproteste gegen "Agenten-Gesetz"

7. März 2023

Die Regierungspartei will offenbar den Einfluss aus dem Ausland verringern. Gegen das Gesetz, das vor allem Medienunternehmen treffen wird, gingen Tausende auf die Straßen. Das Veto der Präsidentin bleibt wohl folgenlos.

https://p.dw.com/p/4ONA9
Georgien Tiflis | Proteste und Polizeiaufgebot
Massendemonstration in der georgischen Hauptstadt Tiflis - die Polizei antwortet mit WasserwerfernBild: IRAKLI GEDENIDZE/REUTERS

Vor dem Parlament in Tiflis setzte die Polizei Tränengas und Wasserwerfer ein, um die Protestkundgebung aufzulösen. Laut Augenzeugen warfen einige Demonstranten Flaschen aus Kunststoff und Feuerwerkskörper auf die Polizisten. Die Sicherheitskräfte nahmen nach eigenen Angaben 66 Personen fest.

Auslöser der Proteste ist ein Gesetzentwurf über "ausländische Agenten", der im Parlament in erster Lesung gebilligt wurde. Nach der umstrittenen Regelung, die von der Regierungspartei Georgischer Traum unterstützt wird, sollen Organisationen, die mindestens 20 Prozent ihrer finanziellen Mittel aus dem Ausland erhalten, in Georgien künftig als ausländische Stellvertreter registriert werden. Außerdem müssen sie sich der Aufsicht durch das Justizministerium des Landes im Südkaukasus unterstellen. Bei Zuwiderhandlungen werden hohe Geldstrafen fällig. Von den neuen Bestimmungen wären auch viele Medienunternehmen betroffen.

Georgien | Protest gegen Gesetzentwurf zur Transparenz ausländischer Einflussnahme in Tiflis
Demonstranten vor dem Parlamentsgebäude in Tiflis, in dem das umstrittene "Agenten-Gesetz" verhandelt wurdeBild: David Mdzinarishvil/AA/picture alliance

Kritiker befürchten, dass die georgische Bestimmung nach dem Vorbild eines ähnlich lautenden Gesetzes in Russland wirken könnte. Dort sind zahlreiche unabhängige Medien - aber auch Nichtregierungsorganisationen - als "ausländische Agenten" gebrandmarkt worden, unter anderem auch die DW. Die Regelung wird international als politisch motivierte Maßnahme kritisiert, die darauf abzielt, Kremlkritiker zu stigmatisieren und mundtot zu machen. Insbesondere seit Beginn des von Präsident Wladimir Putin vor mehr als einem Jahr angeordneten Angriffskriegs gegen die Ukraine geht Russland im eigenen Land massiv gegen Andersdenkende vor.

Machtlose Präsidentin

Georgische Bürgerrechtler haben zu den Protesten gegen das neue Gesetz aufgerufen. Für sie steht das Vorhaben für ein Abgleiten Georgiens unter Premierminister Irakli Gharibaschwili in den Autoritarismus. Auch befürchten sie, dass durch das Gesetz die Chancen auf einen Beitritt zur Europäischen Union und zur NATO sinken. Im Februar hatten mehr als 60 Medienhäuser und zivilgesellschaftliche Organisationen erklärt, dass sie sich nicht an das Gesetz halten wollen, sollte es in Kraft treten.

Steinmeier empfängt Salomé Zourabichvili
Georgiens Präsidentin Salome Surabischwili (Archiv)Bild: Michele Tantussi/REUTERS

Unterstützung erhielten die Demonstranten von der georgischen Präsidentin Salome Surabischwili. Sie solidarisierte sich mit den Tausenden von Protestierern und kündigte umgehend ihr Veto gegen das Gesetz an. Dieses kann aber vom Parlament überstimmt werden.

Kritik aus der EU

Auch der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell verurteilte das geplante Gesetz. "Das ist eine sehr schlechte Entwicklung für Georgien und seine Bevölkerung", sagte der Chefdiplomat der Europäischen Union in einer Mitteilung. Das Gesetz in seiner jetzigen Form könne "eine abschreckende Wirkung auf die Zivilgesellschaft und Medienorganisationen" haben und sei "mit den Werten und Standards der EU unvereinbar", so Borrell.

Josep Borrell, EU-Außenbeauftragter
Der EU-Außenbeauftragte Borrell hält das Gesetz für unvereinbar mit Werten und Standards der EUBild: Jean-Francois Badias/picture-alliance/dpa/AP

Seiner Ansicht nach steht es im Widerspruch zum erklärten Ziel Georgiens, der Europäischen Union beizutreten, das von einer Mehrheit der Menschen in Georgien unterstützt werde. Und Borrell warnte, die endgültige Verabschiedung des Gesetzes könne "ernsthafte Auswirkungen auf unsere Beziehungen" haben.

mak/fw (dpa, rtr)