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Deutsche Maschinenbauer entdecken Afrika

Andreas Becker17. Dezember 2013

Kaum eine andere Industrie in Deutschland ist so erfolgsverwöhnt wie der Maschinen- und Anlagenbau. Doch dieses Jahr verlief enttäuschend.

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Ghana Ölindustrie
Bild: imago/Xinhua

Die deutschen Maschinen- und Anlagenbauer produzierten im Jahr 2013 Waren im Wert von 195 Milliarden Euro. Preisbereinigt ist das ein Rückgang von einem Prozent gegenüber dem Vorjahr. Verglichen mit dem Plus von zwei Prozent, mit dem die Branche für dieses Jahr gerechnet hatte, ist das eine Enttäuschung. Das Minus sei "kein Beinbruch", vielmehr Zeichen einer "Seitwärtsbewegung", sagt Reinhold Festge, seit zwei Monaten Präsident des Verbands der Maschinen- und Anlagenbauer (VDMA). "Aber wir sind so ehrgeizig, dass wir immer einen Zuwachs haben wollen, dafür leben wir."

Als Erklärung verweisen die Maschinenbauer auf die schwache Weltkonjunktur. Die Branche ist extrem abhängig vom Export, der fast 75 Prozent der Erlöse bringt. Die wichtigsten Abnehmerländer sind China (11%), USA (9%), Frankreich (7%) und Russland (5%). Wenn sich in den meisten Regionen der Welt die Wirtschaft nur schleppend entwickelt, spürt das die Branche sofort.

Lichtblick Afrika

In allen wichtigen Regionen ging das Geschäft zurück: in Europa (-0,3%), USA (-0,5%), Lateinamerika (-3,5%) und Asien (-3,7%). Einziger Lichtblick war der afrikanische Kontinent, hier legte der Export um 17 Prozent zu. "In Afrika verändert sich eine ganze Menge", sagt VDMA-Präsident Festge. "Aber diese Entwicklung haben wir Deutsche lange nicht gesehen", räumt er ein.

Dr. Reinhold Festge VDMA
Reinhold Festge, Präsident des VDMABild: Haver&Boecker

Firmen aus China und Indien seien in afrikanischen Ländern wesentlich aktiver als deutsche, aber das beginne sich langsam zu ändern. "Ich sehe da den Beginn einer langen Wachstumsperiode." Allerdings ist das Volumen noch bescheiden, deutsche Maschinenbauer verkaufen mehr Waren nach Polen als in alle afrikanischen Länder zusammen. Südafrika, Kenia und Nigeria waren dort in diesem Jahr die wichtigsten Märkte.

2014 wird besser

Obwohl das Jahr 2013 also insgesamt von Stagnation und leichtem Rückgang geprägt war, gibt sich die Branche für das kommende Jahr optimistisch: Um drei Prozent soll das Geschäft demnach zulegen. "Die Basis dieser Prognose ist eine sich belebende Nachfrage in Europa und generell eine anziehende Weltkonjunktur", sagt Ralph Wiechers, Chefvolkswirt des VDMA.

Das alles klingt bekannt, die Voraussage vor einem Jahr lautete ähnlich, endet dann aber im Minus. "Die Voraussetzungen sind jetzt etwas anders", argumentiert Wiechers, "weil Europa nicht mehr ein solcher Wackelkandidat ist."

Ob die Wirtschaftskrise in Europa wirklich überstanden sei, wisse niemand. "Aber die Ängste vor einem Auseinanderbrechen der Eurozone sind doch deutlich zurückgegangen." Die Branche rechnet in naher Zukunft nicht mit "in den Himmel schießenden Wachstumsraten", sondern mit einem langsamen Wachstum auf niedrigem Niveau. Der Kontinent bleibt die wichtigste Region für die deutschen Maschinenbauer, mehr als die Hälfte aller Exporte gehen in europäische Länder.

Verlagerung von Arbeitsplätzen

Sorgen macht sich die Verbandsführung wegen der hohen Energiekosten in Deutschland, die durch die geplante Umstellung auf erneuerbare Energien noch steigen könnten. Maschinen- und Anlagenbauer gehören selbst nicht zu den großen Energieverbrauchern, allerdings viele der Kunden. Für die seien günstige Energiekosten ein Argument, ihre Produktion etwa in die USA zu verlegen. Vor allem wegen der unkonventionellen Erdgasförderung durch das in Europa umstrittene Fracking sind dort die Energiepreise stark gesunken.

Dem exportstarken deutschen Maschinenbau könnte es eigentlich egal sein, in welchen Ländern seine Kunden sitzen. "Doch wenn ein Land viele Produkte abnimmt, ist man langfristig mehr oder wenige gezwungen, dort auch zu produzieren", sagt Hannes Hesse, Haupgeschäftsführer des VDMA. Als Beispiele nennt er die Zulieferer des BMW-Werks im US-Bundesstaat South Carolina. Er warne deshalb vor diesem Trend, gerade weil Maschinen- und Anlagenbauer in Deutschland wichtige Arbeitgeber sind.

Konjunktur-Optimismus für 2014

Die Zahl der Beschäftigten hat trotz des relativ schwachen Geschäftsjahres um rund ein Prozent zugelegt auf jetzt rund 990.000 Menschen. "Wir sehen es als unsere gesellschaftliche Aufgabe an, weiterhin in Deutschland zu produzieren, Arbeitsplätze zu schaffen und für Wohlstand zu sorgen", so Hesse.

Forderungen an die Politik

Günstige Energiekosten sind nicht die einzige Forderung der Branche an die neue Bundesregierung. Der Arbeitsmarkt in Deutschland müsse noch flexibler werden. Die 2005 eingeführten Reformen mit dem Namen "Agenda 2010" sind unter Sozialdemokraten sehr umstritten, zu den Kritikern gehörte auch die neue Arbeitsministerin Andrea Nahles.

Die Reformen, die unter anderem geringere Zahlungen für Arbeitslose und geringfügig bezahlte Minijobs brachten, dürften von Nahles nicht verwässert werden, fordert VDMA-Präsident Festge. "Im Gegenteil: Wir brauchen eine neue Agenda 2020, um unsere Zukunftsfähigkeit zu sichern. Gerade jetzt, wo es uns anscheinend 'zu gut' geht."