Wer beim Spiel des VfB Stuttgart gegen Bayer Leverkusen beobachten konnte, wie VfB-Präsident Wolfgang Dietrich auf der Ehrentribüne mit seinem Verein litt, der musste sich Sorgen machen. Als immer klarer wurde, dass der VfB wohl auch dieses Spiel verlieren würde, senkte Dietrich seinen Kopf und rieb sich, am ganzen Körper zitternd, immer wieder heftig über das Gesicht. Eine Verzweiflungsgeste, die man von ihm nicht zum ersten Mal sah. Schon beim Heimspiel gegen Abstiegskonkurrent 1. FC Nürnberg vor einer Woche hatte der VfB-Präsident auf ähnliche Weise gelitten.
Stuttgart war gegen die Werkself zwar nicht viel schlechter, hatte sogar die eine oder andere Chance, dennoch reichte es für das Team von Trainer Markus Weinzierl wieder nicht für einen Sieg, ja noch nicht einmal für einen Punkt. In den vergangenen vierzehn Partien durfte der VfB nur ein einziges Mal über drei Punkte jubeln: Nach dem 5:1-Sieg gegen den Tabellenletzten Hannover 96, ein Team, der - mit Verlaub - nun wirklich kein Maßstab sein sollte.
Miese Bilanz, keine Zukunft
Die Bilanz von Weinzierl, der das Traineramt nach dem siebten Spieltag von Tayfun Korkut übernahm, sieht finster aus: Vier Siege, zwei Unentschieden und 14 Niederlagen stehen zu Buche. Der VfB ist unter Weinzierl zwar von Platz 18 auf Rang 16 geklettert, ein Ruhmesblatt für den Trainer ist das aber nicht.
Man muss daher wohl kein großer Prophet sein, um vorauszusagen, dass der 44-Jährige in der kommenden Saison nicht mehr Trainer beim VfB Stuttgart sein wird. Und genau das wird gerade zum Problem: In der Politik spricht man bei Präsidenten, die zwar noch im Amt sind, aber nicht mehr zu einer Wiederwahl antreten oder nach verlorener Wahl nur noch auf ihre Ablösung warten, als "lame duck". Eine solche "lahme Ente" ist nun auch Weinzierl. Noch dazu eine, die sich seit Wochen im Tiefflug befindet, Bruchlandung nicht ausgeschlossen.
Es ist nicht zu erkennen, dass Weinzierl seine Spieler erreicht und sie so einstellen kann, dass jeder bereit ist, auf dem Platz alles zu geben. Abgesehen von den wiederholt schwachen Leistungen, spricht auch die Spuck-Attacke von Santiago Ascacibar gegen Bayers Kai Havertz für sich. Die Nerven liegen blank. Weinzierl schafft es aber nicht, sie zu beruhigen.
Erneuter Trainerwechsel sehr wahrscheinlich
Der VfB Stuttgart hat in den vergangenen Wochen und Tagen eigentlich die Weichen in Richtung einer besseren Zukunft gestellt: Mit Thomas Hitzlsperger gibt es einen ambitionierten Sportvorstand, seit vergangenen Donnerstag ist mit Sven Mislintat auch ein neuer Sportdirektor da. Der ehemalige Scout von Borussia Dortmund hatte viele Angebote, entschied sich aber für den VfB. Allerdings mit Sicherheit nicht, um erstmal eine Ehrenrunde in der 2. Liga zu drehen.
Das Umfeld ist also erstklassig, einzig die schwachen Ergebnisse von Weinzierl und seinem Team stören die erwünschte und angestrebte Entwicklung. Will man das Schicksal seines Vereins wirklich in den Händen des Trainers lassen, der erkennbar nicht in der Lage ist, der Abstiegszone zu entkommen?
Dass er nächste Saison nicht mehr da sein wird, ist wohl ausgemachte Sache. Aber auch die Chance, dass Markus Weinzierl das Ende der Saison noch als VfB-Coach erlebt - sie ist sehr gering.