Markus Söder - Polarisierer oder Kümmerer?
14. Oktober 2018Markus Söder ist stolz auf sein Amt, seine Macht, die CSU und "sein" schönes Bayern. Für Söder war das immer der Traum: Ministerpräsident werden. Hart hatte er daran gearbeitete; jahrelang. Als er den langjährigen vorherigen Ministerpräsidenten Horst Seehofer endlich im März aus seinem Amt gedrängt hatte und selbst die Macht in München übernommen hatte, stand die Bayernpartei CSU in Umfragen noch bei über 40 Prozent.
Seit 60 Jahren in Bayern an der Macht – die Christsozialen
Doch die bequeme Alleinherrschaft der Christlich-Sozialen-Union der letzten Jahren ist vorbei. Markus Söder steht nun als derjenige da, der das Ende fulminanter Mehrheiten im Bayernland mit zu verantworten hat. Eigentlich war es so etwas wie ein Automatismus, dass die Schwesterpartei der CDU häufig den Luxus genoss, in Bayern allein zu regieren. Immerhin seit mehr als sechs Jahrzehnten steuern die bayerischen Konservativen das Land, wenn auch manchmal in Koalitionsregierungen.
Berlin ist schuld an der Misere, sagt Söder
Für den Niedergang der bayerischen CSU hatte der 51-Jährige Söder schon vor der Wahl immer wieder die Bundespolitik verantwortlich gemacht; gemeint hatte er auch seinen Widersacher und Vorgänger Horst Seehofer. Die Umfragezahlen seien "unglaublich geprägt" durch die Bundespolitik hatte Söder zu seinem Selbstschutz schon vor Wochen gesagt.
Doch der gelernte Journalist, der sich seit einiger Zeit auch durch Medienprofis beraten lässt, hatte trotzdem viele strategische Fehler gemacht. Mit seinen landespolitischen Themen drang er kaum durch. Das alles überspannende Thema des Wahlkampfes in Bayern war – wie im Bund - die Migrationspolitik.
Söder hatte für sich und seine Partei im Wahlkampf schnell vor allem einen politischen Gegner ausgemacht: die rechtspopulistische "Alternative für Deutschland", die der CSU tatsächlich viele Wähler abspenstig machte. Die wollte er nun rechts überholen. Söder schlug zu Beginn seiner Amtszeit als Ministerpräsident im März krachledern drauf, wie es als vormaliger Generalsekretär seiner Partei lange ganz sein Stil war.
Hau-Drauf-Sprüche gegen die Gegner
Einwanderung nach Deutschland bezeichnete er als "Asyltourimus", was ihm bei der renommierten New York Times den Ruf als "Deutschlands Donald Trump" einbrachte. Goutiert haben die Wähler jedenfalls die Radikal-Verbal-Attacken nicht. Den Aufstieg der AfD in Bayern konnte er so auch nicht stoppen. Dann ließ der bekennende Protestant anordnen, dass in staatlichen Behörden im katholisch geprägten Bayern ab sofort das Aufhängen eines Kreuzes Pflicht sei. Das kam nicht nur bei vielen Bürgern überhaupt nicht gut an, Söder verscherzte es sich mit diesem Erlass auch mit den mächtigen Kirchen. Auf Kritik an seiner Hau-Drauf-Politik reagierte der Ministerpräsident pikiert, seinen Kritikern fehle es an "Anstand und Stil".
Bayern – das Södersche Märchenland
In den letzten Wochen des Bayern-Wahlkampfes wurden die Töne Söders sanfter, die Angriffe auf die Gegner weniger schrill. In seiner ersten Regierungszwischenbilanz im September spricht er von Bayern als einem "Märchenland".
In diesem Märchenland, genauer in der Stadt Nürnberg, wurde Markus Söder am 5.1.1967 geboren. Der Sohn aus bescheidenen Verhältnissen legt ein erstklassiges Abitur hin, studiert Rechtswissenschaft, macht einen Doktor, lässt sich als TV-Journalist ausbilden. Der ehrgeizige junge Mann hat schon als Jugendlicher ein großes, politisches Vorbild: Franz Josef Strauß, der Ministerpräsident und Patriarch, der in den 1980-er Jahren aus dem einstigen Agrarland Bayern das Vorzeigebundesland, das stolz ist auf sein inoffizielles Motto "Lederhose und Laptop". "Ich hatte sogar ein riesengroßes Poster von Strauß, fast überlebensgroß. Wenn ich aufgewacht bin, habe ich also an der Decke direkt Strauß angeschaut", bekannte Söder einmal. Der Politiker ist verheiratet und hat vier Kinder.
1994 zieht Söder in den bayerischen Landtag in München ein, wird später Generalsekretär seiner Partei und bekleidet mehrere Ministerposten. Am 16. März 2018 wird er zum bayerischen Ministerpräsidenten gewählt.
Vom Ehrgeiz zerfressen und in bayerischen Bierzelten zu Haus'
Doch Landesvater, das muss er erst lernen. Es dauert eine Zeit, bis er umschaltet vom Polterer und ehrgeizigen Polarisierer zum mitfühlenden Ministerpräsidenten. Zwar ist Söder volksnah, lässt kein Bierzelt aus, tritt ungeniert in grellen Verkleidungen bei Bällen auf; doch er wirkt bei alledem verkrampft und unnatürlich. Unter allen 16 Ministerpräsidenten in Deutschland, ist er der unbeliebteste, zeigten kürzlich Umfragen. Im Wahlkampf wird er das Image des kühl taktierenden Emporkömmlings einfach nicht mehr los.
Wähler schreckt dieses Image eines Unsteten ab. Schlecht für Markus Söder und seine Partei, die CSU. Doch der Kämpfer wird stehen.