Kolesnikowa berichtet von Todesdrohungen
10. September 2020Die inhaftierte Oppositionspolitikerin Maria Kolesnikowa berichtet von Todesdrohungen der Sicherheitskräfte in Belarus bei dem Versuch, sie in der Nacht zum Dienstag gewaltsam auszuweisen. Sie stellte deshalb Strafanzeige, wie die 38-Jährige in einer Mitteilung bekannt gab, die ihr Anwalt publik machte. Die Anzeige richtet sich gegen den Geheimdienst KGB und gegen die Sonderpolizei zur Bekämpfung organisierter Kriminalität in Belarus. Sie habe wirklich um ihr Leben gefürchtet, betonte die führende Oppositionelle.
"Insbesondere wurde erklärt, dass ich, wenn ich die Republik Belarus nicht freiwillig verlassen würde, sowieso lebend oder in Stücken herausgebracht würde. Es gab auch Drohungen, mich für bis zu 25 Jahre ins Gefängnis zu stecken", berichtete Kolesnikowa weiter. Nach Angaben ihres Stabs in Minsk nennt sie in ihrer Anzeige die Namen der Beamten, die sie bedroht und ihr einen Sack über den Kopf gestülpt hätten. Sie könne die Männer bei einer Gegenüberstellung identifizieren.
Der Oppositionspolitikerin, die am Montag in Minsk entführt worden war, und dem am Mittwoch von maskierten Männern abgeführten Anwalt Maxim Snak werden Gefährdung der nationalen Sicherheit vorgeworfen. Ermittelt wird gegen beide laut Behörden-Angaben auch wegen des Versuchs, Belarus zu "destabilisieren". Snak ist ebenfalls Mitglied im Koordinierungsrat der Opposition, der eingerichtet worden war, um einen friedlichen Machtwechsel in dem Land zu erreichen.
Kolesnikowas Anwältin Ljudmila Kasak bezeichnete die Vorwürfe als absurden Versuch, Andersdenkende mundtot zu machen. "Maria fühlt sich gut, trotz des erlebten Stresses in den vergangenen zwei Tagen", sagte Kasak.
Die Sorge um die beiden Festgenommenen ist groß. Ihnen drohen mindestens fünf Jahre Gefängnis. Als einziges Land in Europa vollstreckt Belarus zudem noch die Todesstrafe - durch Genickschuss.
Bei der Amtseinführung des neuen belarussischen Generalstaatsanwalts Andrej Schwed, forderte Staatschef Alexander Lukaschenko, den Sicherheits- und den Justizapparat auf, weiter rigoros gegen seine Gegner vorzugehen. Er werde weiter regieren, betonte Lukaschenko.
se/qu (dpa, rtr, afp)