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Politik

Der große Einsatz der UN in Gao

Udo Bauer Gao
23. Januar 2017

Die deutschen Soldaten sind in und um die nordmalische Stadt Gao für die Feindaufklärung verantwortlich. Das tun sie mit Hightech und - ganz altmodisch - mit der Präsenz von Fußsoldaten. Aus Gao berichtet Udo Bauer.

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Mali Gao Bundeswehreinsatz
Bild: DW/U. Bauer

Kevin B. ist Infanterist. Seinen richtigen Namen will er lieber nicht nennen. Der 29-jährige Hauptfeldwebel führt die heutige Patrouille an. Sie besteht aus drei gepanzerten Dingos und zwölf schwerbewaffneten Soldaten, die meisten einfache Soldaten, aber mit viel Auslandserfahrung. Schon bei der Vorbesprechung der Route und der verschiedenen Aufgaben wird deutlich wie konzentriert die Soldaten der MINUSMA-Mission sind. Angst oder Bedenken attestiert sich hier keiner selbst. Kevin B. hat nach eigenen Angaben schon 300 Patrouillen "auf dem Buckel", alle ohne ernste Zwischenfälle.

Erste Station: Das Vorfeld des Flughafen von Gao, ein sensibler Bereich. Zwischen Bäumen und Büschen könnten sich Terroristen verstecken und ein Flugzeug in der Start- oder Landephase beschießen. Die Soldaten gehen in Stellung, beobachten Ziegenhirten, Kinder und Mopedfahrer. Außerdem nehmen sie über Funk Kontakt mit den Piloten der Maschinen auf, die UNO-Soldaten ein- und ausfliegen. Nach einer guten Stunde: Mission erledigt, Standortwechsel.

Mali Gao Bundeswehreinsatz
In Zukunft werden vermutlich noch mehr deutsche UN-Soldaten in Gao ankommenBild: DW/U. Bauer

 Heimtückische Waffen

Es geht auf eine Anhöhe am anderen Ufer des Niger. Von hier aus kann man das breite grüne Band des Flusses überblicken und die wüste Landschaft bis hin zum Camp Castor, dem deutsch-niederländischen UN-Lager in 15 Kilometern Entfernung. Hier könnten Terroristen - und davon gibt es viele in der Region Gao - mit Raketen das Lager beschießen. "Deswegen zeigen wir hier oben hin und wieder Präsenz", sagt Kevin B., "um deutlich zu machen: 'Ihr braucht es hier nicht zu versuchen, wir haben die Herrschaft über diesen Bereich'." Der letzte Beschuss ist noch gar nicht allzu lange her.

Das Lager wurde im Herbst 2016 verfehlt. Die Raketen waren bislang nicht sehr präzise. Viel gefährlicher für die Soldaten sind improvisierte Sprengsätze, die sogenannte IEDs, oder Panzerminen. Sie können z.B. am Straßenrand vergraben oder an Autos angebracht werden. Im letzten Jahr wurden 138 IED-Anschläge gegen Blauhelme oder malische Soldaten gezählt. Eine andere bei Terroristen oft benutzte Methode ist es, mit Sprengstoff beladene Autos in Menschengruppen zur Explosion zu bringen. Wie am 18. Januar, als in einem malischen Militärlager fast 80 Soldaten getötet wurden.

Unsichtbare Aufklärunddrohnen 

Besonders auf der Hut sind deshalb auch die Luftaufklärer. Die Drohnen Heron und Luna liefern Luftaufnahmen für die UNO. Die Crews analysieren und melden alle Auffälligkeiten am Boden: potentielle Verstecke von Terroristen, Vorbereitungen für Hinterhalte - alles, was helfen könnte, weitere Anschläge zu verhindern. Die Heron mit über 16 Meter Spannweite fliegt in einem Umkreis von 250 Kilometern. Sie liefert Videobilder vom Boden in Echtzeit. In sieben Kilometer Flughöhe ist sie weder zu sehen noch zu hören.

Mali Gao Bundeswehreinsatz
Radiojournalist Boubacar Touré wünscht sich mehr Rechte für die UN-MissionBild: DW/U. Bauer

Trotz allem: Nichts ersetzt das Gespräch mit den Einheimischen, das wissen auch die Deutschen. Deshalb suchen sie manchmal das Gespräch mit den Maliern. Leider viel zu selten. Außerdem könnten die Soldaten bei längeren Aufenthalten Ziel von Terror-Angriffen werden. Die Einheimischen sind offen und freundlich. Sie wollen den Plausch mit den Männern aus dem fernen Europa. Die Kinder jubeln den Soldaten an jeder Straßenecke zu.

Informationen gegen Schutz

Gerne würden die Malier den Soldaten auch verraten, wo die Terroristen sich verstecken, sagt uns Boubacar Touré, ein in Gao wohlbekannter Radiojournalist. "Aber wenn sie von den UN-Soldaten nicht geschützt werden, dann haben sie Angst vor der Rache der Islamisten. Und die kommt sicher", sagt er. Im Grunde müssten die Soldaten die Terroristen jagen und festnehmen, so denken hier viele. Aber das erlaubt das Mandat des Bundestages nicht. Die Situation ist schwierig, sagt Boubacar Touré, "sehr schwierig". Härtere Worte benutzt er nicht. Touré ist ein höflicher Mann.

Für die deutschen wird Mali der größte Auslandseinsatz. Die Obergrenze des Bundeswehrkontingents in der UN-Mission in Mali wird von 650 auf 1.000 angehoben - mehr als die 980 für Afghanistan. Der Bundestag dürfte der Kabinettsvorlage am 26. Januar zustimmen.