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Lötzsch-Rücktritt spitzt Linken-Führungsfrage zu

Peter Stützle (mit dpa)11. April 2012

Gesine Lötzsch, eine der beiden intern umstrittenen Vorsitzenden der Linken, hat aus privaten Gründen ihr Amt aufgegeben. Die Frage, wer Die Linke nach ihrem Parteitag im Juni führen soll, ist damit offener denn je.

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Gesine Lötzsch tritt vom Rednerpult in der Parteizentrale ab.
Bild: dapd

Gesine Lötzsch bahnt sich wortkarg einen Weg durch den Pulk von Fotografen und Kameraleuten. Sie will nur ein Statement abgeben, keine Fragen beantworten. Die Vorsitzende der Linken weiß, dass ihr Rücktritt in einer für die Partei schwierigen Phase erfolgt.

Mehrere Wahlkampftermine habe sie in der vergangenen Woche absagen müssen, erzählt Lötzsch dann. Denn wegen einer "altersbedingten Krankheit" habe sie ihren Mann am 31. März ins Krankenhaus bringen müssen. Sein Gesundheitszustand erlaube ihr nun keine häufige Abwesenheit von Berlin, wo sie und ihr Mann leben. Das sei "gerade in Wahlkampfzeiten" mit dem Amt der Parteivorsitzenden nicht vereinbar. Sie wolle sich deshalb jetzt auf ihr Mandat im Bundestag konzentrieren.

Ungünstiger Zeitpunkt vor kritischen Wahlen

Am 6. und 13. Mai werden in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen neue Landtage gewählt, in beiden Ländern muss Die Linke Umfragen zufolge ernsthaft um den Wiedereinzug ins Parlament bangen. Anfang Juni steht dann auf einem Parteitag in Göttingen die Neuwahl des Vorstands an. Die Linke wollte die Frage, wer sie künftig führen soll, bis nach den Landtagswahlen offenhalten. Mit dem Rückzug von Lötzsch, die erst vor kurzem ihre erneute Kandidatur angekündigt hatte, wird das nun schwieriger.

Gesine Lötzsch gibt Linken-Vorsitz ab # 11.04.2012 # O-Ton

Lötzsch hatte sich zunächst mit ihrem Ko-Vorsitzenden Klaus Ernst beraten und dann die engere Parteiführung informiert, bevor sie zunächst am späten Dienstagabend schriftlich und dann am Mittwochvormittag mündlich ihren Rücktritt bekanntgab. Es wurde vereinbart, dass Ernst bis zum Parteitag die Partei alleine führt. Am Samstag tritt dann der Parteivorstand zu einer schon länger geplanten Sitzung zusammen. Es wird erwartet, dass der Vorstand die Führungsfrage weiter offen lässt.

Porträt Ernst
Führt die Linke vorerst alleine: Klaus ErnstBild: picture-alliance/dpa

Umstrittene Haltung zum Kommunismus

Lötzsch und Ernst werden von vielen in der Partei für schlechte Wahlergebnisse und Umfragewerte verantwortlich gemacht. So sorgte ein huldvolles Glückwunschschreiben der beiden an den kubanischen Revolutionsführer Fidel Castro zu dessen 85. Geburtstag für Zweifel an ihrer Kompetenz. Anfang 2011, vor einer Reihe von Landtagswahlen, löste Lötzsch zudem mit positiven Aussagen zum Kommunismus Irritationen aus.

Andererseits hat Die Linke unter der Führung von Lötzsch und Ernst erstmals ein Grundsatzprogramm erarbeitet. In der Partei, die aus der ostdeutsch geprägten PDS und der vorwiegend westdeutschen SPD-Abspaltung WASG gegründet wurde und sehr unterschiedliche Strömungen und Mentalitäten zusammenführt, gilt das als beachtliche Leistung. Dennoch mussten beide mit aussichtsreichen Mitbewerbern um den Vorsitz rechnen.

Nachfolge wird kompliziert

Seit längerem wird schon spekuliert, dass auf dem Parteitag im Juni der Gründungsvorsitzende Oskar Lafontaine wieder in den Ring steigen könnte. Lafontaine hatte als Spitzenkandidat im Saarland bei der Landtagswahl am 25. März ein respektables Ergebnis eingefahren. Aber auch der Name von Lafontaines derzeitiger Lebensgefährtin, der Parteilinken Sahra Wagenknecht, wird oft genannt. Dass beide gemeinsam die Partei führen, gilt als ausgeschlossen.

Sahra Wagenknecht am Rednerpult im Bundestag
Folgt sie auf Lötzsch? Sahra WagenknechtBild: dapd

Andererseits waren bisher Lötzsch und Wagenknecht als einzige Frauen für den Parteivorsitz im Gespräch. Die Satzung schreibt vor, dass mindestens eine der beiden Parteivorsitzenden weiblichen Geschlechts ist. Informell wird zudem erwartet, dass jeweils einer der beiden aus Ost- und aus Westdeutschland kommt. Mit Lafontaine und Lötzsch hätte das gepasst, mit der Ostdeutschen Wagenknecht und dem Westdeutschen Ernst würde es ebenfalls passen. Da aber viele in der Partei Ernst loswerden wollen, ist nun offener denn je, wie die künftige Parteispitze aussehen wird.

Anerkennung und Kritik zum Abschied

Linken-Politiker aus den wahlkämpfenden Landesverbänden Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein haben Lötzsch indessen Respekt und Verständnis für ihren Schritt bekundet. Es sei allerdings "immer schwierig, solche großen Umbrüche in Zeiten des Wahlkampfes zu haben", erklärte das Vorstandsmitglied der schleswig-holsteinischen Linken Jannine Menger-Hamilton. Der Vorsitzende der Gedenkstätte für die Opfer der DDR-Staatssicherheit in Berlin-Hohenschönhausen, Hubertus Knabe, begrüßte den Rücktritt. Er "hoffe, dass die Zeit der DDR- und Kommunismusverklärung durch die Linke damit endlich ein Ende hat". Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion im Bundestag, Thomas Oppermann, sieht Die Linke nach dem Rücktritt von Lötzsch vor einem Existenzkampf. "Weder Lafontaine noch Wagenknecht werden den Niedergang der Linkspartei aufhalten", sagte Oppermann.