Lukaschenko-Rivale darf nicht kandidieren
15. Juli 2020Viktor Babariko, der wegen angeblicher illegaler Geschäftspraktiken als früherer Chef der russischen Belgazprombank in Untersuchungshaft sitzt, wurde von der Wahlkommission von einer Kandidatur bei der Präsidentschaftswahl in Weißrussland (Belarus) im August ausgeschlossen. Und das, obwohl er mehr als die notwendigen 100.000 Unterschriften von Unterstützern vorgelegt hatte.
Die Kommission stimmte einstimmig gegen die Zulassung Babarikos, nachdem die Vorsitzende des Gremiums eine Reihe von Vorwürfen gegen den Oppositionspolitiker verlesen hatte, darunter Steuerdelikte und die Annahme ausländischer Unterstützung für seine Wahlkampagne. Menschenrechtsorganisationen kritisierten die Strafverfolgung Babarikos als politisch motiviert.
Hunderte Demonstranten gingen nach dem Beschluss der Wahlkommission in der Hauptstadt Minsk auf die Straße, um gegen Babarikos Ausschluss zu protestieren. Nach Angaben des Menschenrechtszentrums Wesna (Frühling) wurden mehr als 250 Menschen festgenommen. Unter ihnen waren auch zahlreiche Journalisten. Auch in anderen Städten des Landes versammelten sich Regierungsgegner zu Protestkundgebungen.
Lukaschenko und vier weitere Kandidaten treten an
Der 56-jährige Ex-Banker Babariko gilt als einflussreichster politischer Rivale von Präsident Lukaschenko, der sich am 9. August um eine sechste Amtszeit bewirbt. Die Wahlkommission schloss mit dem ehemaligen belarussischen Botschafter in den USA, Waleri Zepkalo, einen weiteren populären Oppositionspolitiker von der Präsidentschaftskandidatur aus. Sie begründete dies damit, dass Zepkalo nicht genügend Unterschriften von Anhängern eingesammelt habe.
Zugelassen wurden neben Lukaschenko vier Kandidaten, darunter unerwartet Swetlana Tichanowskaja, die Frau des inhaftierten Video-Bloggers Sergej Tichanowski, der ursprünglich selbst kandidieren wollte. Auf Tichanowskaja richten sich nun die Hoffnungen der Lukaschenko-Gegner.
Kritik von der EU
Die EU-Kommission kritisierte den Ausschluss von Präsidentschaftskandidaten durch die Wahlkommission in Minsk. Belarus habe dabei versagt, einen "bedeutsamen und konkurrenzfähigen politischen Wettbewerb" zuzulassen, sagte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell. Wiederholt hatte die Europäische Union Lukaschenko bereits aufgefordert, einen fairen und freien Wahlkampf zuzulassen und die Aktivisten freizulassen.
Der seit 1994 amtierende autoritäre Staatschef Lukaschenko, der als "Europas letzter Diktator Europas" bezeichnet wird, hatte auch bei den vergangenen Wahlen politische Gegner wegsperren lassen. Das hatte Sanktionen der EU und der USA zur Folge. Die Ergebnisse der vergangenen vier Präsidentschaftswahlen wurden von den Wahlbeobachtern der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) wegen Betrugs und Einschüchterungen nicht anerkannt.
In der Corona-Pandemie, die Lukaschenko seit Monaten kleinredet, hat sich die Stimmung nach Meinung von Beobachtern zuletzt gegen ihn gedreht. Trotz steigender Infektionszahlen im Land hat er eine Verschiebung der Wahl kategorisch ausgeschlossen.
qu/ie (dpa, afp, ap)