Luftfahrtbranche in Turbulenzen
21. Januar 2010Die Rezession hat die Luftfahrt im vergangenen Jahr in eine tiefe Krise gestürzt. Elf Milliarden an Verlusten, so schätzt der internationale Luftfahrtverband IATA, hat die Branche 2009 weltweit angehäuft. Die Gründe für diese Entwicklung sind vielfältig: Es wurde weniger geflogen, auch deshalb brachen die Preise stark ein, die Fluggesellschaften erlösten also weniger. Und die Unternehmen sparten: Geschäftsleute wanderten von den großen Premiumanbietern wie Deutsche Lufthansa, Air France oder British Airways zu günstigeren Fluggesellschaften ab, oder sie buchten statt Business oder gar First Class nur Economy.
Hoffen auf Ende der Krise
Das Reisebudget lasse sich eben flexibel anpassen, meint Eric Heymann, Branchenanalyst der Deutsche Bank Research. Deshalb ist er auch recht zuversichtlich, dass mit konjunktureller Erholung die Reisetätigkeit wieder anzieht - und vor allem das höhere Management zu seinen alten Reisegewohnheiten zurückkommt. Er warnt aber auch: "Ein Teil der Kunden wird nicht so schnell wieder zurückkehren oder vielleicht auch komplett dauerhaft in anderen Klassen und anderen Fluggesellschaften bleiben."
Davon hat in diesem Jahr schon Air Berlin profitiert. Denn die zweitgrößte deutsche Fluggesellschaft bietet meist doch günstigere Preise als die Deutsche Lufthansa. Und sie hat früher mit den Kostensenkungen begonnen, erholt sich jetzt also schneller. Für 2009 hat sie sogar einen Gewinn in Aussicht gestellt - was nicht alle Fluggesellschaften schaffen dürften. Die Lufthansa hatte sich zwar ebenfalls darum bemüht, doch hat sie mit den Kostensenkungen viel später begonnen.
Kerosin bleibt teuer
Immerhin hat die Nachfrage in den vergangenen Monaten wieder etwas angezogen. Das macht der Branche Hoffnung. Doch zu sehr kann sie darauf nicht bauen, denn auch die Ölpreise steigen wieder. Ende vergangenen Jahres lag der Preis für ein Fass Rohöl mit 88 Dollar um 44 Prozent über dem Vorjahr. Für den weiteren Jahresverlauf rechnen Experten mit einem durchschnittlichen Ölpreis von 90 Dollar je Fass.
An Kostensenkungen kommen die Gesellschaften – ob die Premium-Anbieter oder die Billigflieger, im laufenden Jahr also nicht vorbei. Das geschieht auch über ein effizienteres Flottenmanagement. Die Flugpläne werden besser aufeinander abgestimmt, damit die Auslastung der Flugzeuge erhöht wird. Hilfreich wäre auch endlich die Umsetzung eines zumindest einheitlichen europäischen Luftraums. Das würde den Flugzeugen viele Umwege ersparen, die Kerosinkosten könnten somit sinken.
Nationale Interessen überwiegen
Eigentlich müsste sich in einer solchen Lage eine Branche konsolidieren, der Markt bereinigt werden. Doch die Luftfahrt ist keine Branche wie viele andere. Grenzüberschreitende Fusionen sind meist schwierig, weil der Einfluss des Staates vor allem auf die nationalen Fluggesellschaften hoch ist. Bilaterale Abkommen bestimmen über Verkehrsrechte. Die Slots, also die Zeitfenster, in denen eine Fluggesellschaft an einem Flughafen starten oder landen darf, werden häufig an nationales Eigentum gebunden. Große Fluggesellschaften lässt man auch unter Verweis auf die Arbeitsplätze nicht aus dem Markt verschwinden, wie sich wieder an Japan Airlines gezeigt hat. Dort wird zwar nach der Insolvenz das Traditionsunternehmen saniert, ein Drittel der 15.700 Jobs gestrichen – doch ein endgültiges Aus will man unbedingt verhindern.
Zwar hat es in Europa im vergangenen Jahr auch eine Konsolidierung gegeben: Austrian Airlines, British Midlands und Brussels Airlines schlüpften unter das Dach der Lufthansa, Alitalia wurde von Air France/KLM übernommen. "Relativ gesehen ist aber wenig passiert", resümiert Eric Heymann von DB Research: "An dem Grundproblem hat sich dadurch eigentlich nichts wenig geändert", sagt der Analyst. Denn die Flugzeuge seien ja weiterhin im Markt oder würden dorthin zurückkehren in dem Moment, wo die Nachfrage auch wieder ansteige.
Autorin: Brigitte Scholtes
Redaktion: Klaus Ulrich