1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Londoner Gericht erlässt Nigeria Milliarden-Zahlung

24. Oktober 2023

Es ging um ein gescheitertes Erdgas-Projekt, für das ein Unternehmen die Regierung von Nigeria verantwortlich machte und Schadenersatz forderte. Was man verschwieg: Zuvor waren Beamte bestochen worden.

https://p.dw.com/p/4Xvkn
Großbritannien High Court in London
Der High Court of Justice of England and Wales in LondonBild: Aaron Chown/empics/picture alliance

Richter Robin Knowles vom High Court of Justice of England and Wales hat nicht nur die gegen Nigeria im Zusammenhang mit dem gescheiterten Erdgas-Projekt verhängte Entschädigungszahlung in Höhe von elf Milliarden Dollar aufgehoben, sondern auch scharfe Kritik an der Gegenpartei und ihren Anwälten geübt. Knowles sah es als erwiesen an, dass die Firma Process & Industrial Developments (P&ID) mit Sitz auf den Britischen Jungferninseln bei Vertragsschluss im Jahr 2010 einen nigerianischen Ölbeamten bestochen hatte. P&ID habe dies bei einem Schiedsverfahren nach dem Scheitern des auf 20 Jahre angelegten Deals verschwiegen. 

Der Fall zeige, was einige Menschen für Geld tun würden, "von Gier getrieben und bereit, auf Korruption zurückzugreifen, ohne daran zu denken, was ihre Bereicherung für andere bedeutet", sagte der Richter.

Neue Anhörung angekündigt

Im Jahr 2017 waren dem von zwei irischen Geschäftsleuten gegründeten Unternehmen 6,6 Milliarden Dollar Schadenersatz als Ausgleich für entgangene Gewinne zugesprochen worden. Dieser Betrag hätte nach Angaben von Nigerias Präsident Bola Tinubu dem Zehnfachen des Gesundheitsetats des zentralafrikanischen Landes entsprochen. Die ursprüngliche Summe wuchs durch Zinsen auf die heutige Höhe von elf Milliarden Dollar an.

Nigerias Präsident Bola Tinubu mit grüner Kopfbedeckung und weißem Umhang
Nigerias Präsident Bola Tinubu: "Das Urteil ist ein Schlag gegen die Ausbeutung Afrikas" (Archiv)Bild: Temilade Adelaja/REUTERS

Richter Knowles kündigte eine neue Anhörung darüber an, ob der Fall wieder an das Schiedsgericht übertragen oder komplett eingestellt wird.

Kritik an Anwälten

Der Richter kritisierte zudem in einem ungewöhnlichen Schritt zwei britische Anwälte namentlich und verwies sie an die zuständige Aufsichtsbehörde. Einer der beiden hätte bei einem Sieg von P&ID 850 Millionen Dollar und der andere bis zu drei Milliarden Dollar erhalten können.

Aus Gier hätten sie die Vorschriften verletzt, als ihnen während der Schlichtung vertrauliche nigerianische Dokumente zugespielt worden seien. Statt diese zurückzugeben und den Vorfall zu melden, hätten sie falsche Angaben gemacht. Die Anwälte wiesen in getrennten Stellungnahmen die Vorwürfe zurück und zeigten sich überzeugt, dass die Aufsicht sie entlasten werde.

Nigerias Präsident frohlockt

Nigerias Präsident Tinubu bezeichnete das Urteil als Schlag gegen die Ausbeutung Afrikas. "Nationalstaaten können nicht länger durch wirtschaftliche Verschwörungen von privaten Unternehmen und korrupten Beamten in Geiselhaft genommen werden."

Die Generalstaatsanwaltschaft in der Hauptstadt Abuja, die das Geschäft im Verfahren damals als "von Anfang an zum Scheitern verurteilt" bezeichnet hatte und für die "der anschließende Schiedsspruch auf Betrug und Korruption beruhte", zeigte sich mit dem jetzigen Urteil zufrieden: In einer Erklärung teilte sie mit, das Ergebnis sei ein "entscheidender Sieg für das nigerianische Volk, das über elf Milliarden Dollar zu verlieren drohte", und für den Kampf der nigerianischen Regierung gegen die Korruption.

Das Gerichtsurteil kommt zu einer Zeit, in der Präsident Tinubu versucht, mehr ausländische Investitionen in sein Land zu holen, indem er einen unternehmensfreundlicheren Ansatz und eine Reihe von Reformen in Nigeria verspricht. Das Land ist einer der größten Ölproduzenten Afrikas und die größte Volkswirtschaft des Kontinents.

mak/wa (rtr, afp)