+++ Athen will neue Hilfen+++
30. Juni 2015Nach dem Scheitern der Schuldengespräche zwischen Griechenland und den Gläubigern läuft das Hilfsprogramm der Euroländer für das vom Staatsbankrott bedrohte Land um Mitternacht aus. Die Regierung in Athen hat bereits mitgeteilt, dass sie eine am selben Tag fällige Kreditrate von gut 1,5 Milliarden Euro an den Internationalen Währungsfonds (IWF) nicht zahlen wird. Ohne Rückzahlung bis 24 Uhr Washingtoner Zeit (7 Uhr MEZ) könnte der IWF Athen in den kommenden Wochen für zahlungsunfähig erklären.
EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker schlug Griechenland im Schuldenstreit nun eine "Einigung in letzter Minute" vor. Der griechische Regierungschef Alexis Tsipras habe Juncker am Montagabend angerufen, woraufhin der Kommissionspräsident das Verfahren für eine noch mögliche Übereinkunft erklärt habe, sagte ein Kommissionssprecher in Brüssel.
Tsipras müsste sich demnach verpflichten, die Vorschläge der Gläubigerinstitutionen vom Ende der Woche anzunehmen und bei der anstehenden Volksabstimmung für ein "Ja" zu werben. Danach könnten die Euro-Finanzminister, die eine Verlängerung des griechischen Hilfsprogramms am Samstag abgelehnt hatten, ihre Entscheidung "überdenken".
Eine Einigung im Schuldenstreit mit Griechenland in letzter Minute setzt nach Angaben der EU-Kommission Bewegung von Seiten der Regierung in Athen voraus. Diese Bewegung habe es bisher aber nicht gegeben, sagte der Chefsprecher der Brüsseler Behörde, Margaritis Schinas, am Dienstag in Brüssel.
Die jüngsten Entwicklungen im Schuldenstreit:
15:47 MEZ: Die griechische Regierung will seine Euro-Partner um ein drittes Hilfsprogramm bitten. Wie die Finanznachrichtenagentur Bloomberg unter Berufung auf ein Statement des Büros von Minsterpräsident Alexis Tsipras meldet, soll ein zweijähriges Programm unter dem Euro-Hilfsfonds ESM beantragt werden. Die Agentur beruft sich auf ein Statement aus dem Büro von Ministerpräsident Alexis Tsipras. Die angestrebte Vereinbarung soll nach Angaben der Regierung alle finanziellen Bedürfnisse sowie parallel eine Restrukturierung der griechischen Schulden abdecken. "Griechenland bleibt am Verhandlungstisch", heißt es in dem Statement.
15:34 MEZ: Die griechische Regierung bereitet eigene Last-Minute-Vorschläge vor, berichtet die griechische Tageszeitung Kathimerini. Das Angebot werde als Brief an den EU-Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker, Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem und Klaus Regling, Präsident des Euro-Rettungsschirms, gehen.
15:31 MEZ: Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) fordert eine Verlängerung des Hilfspakets bis nach dem Referendum. Damit einhergehen solle ein Aufschub für die an diesem Dienstag fälligen Tilgungszahlungen Griechenlands an den Internationalen Währungsfonds (IWF), hieß es weiter in einer gemeinsamen Erklärung des DGB und des griechischen Gewerkschaftsbundes GSEE. Verhandlungen sollten "sofort wieder aufgenommen werden, um eine ausgewogene Lösung zu finden".
15:31 MEZ: Athens Bürgermeister ruft die Bevölkerung dazu auf, beim Referendum am Sonntag für das von den internationalen Geldgebern vorgeschlagene Spar- und Reformprogramm zu stimmen, das die Regierung von Ministerpräsident Alexis Tsipras ablehnt. Wie das griechische Fernsehen berichtet, fordert Giorgios Kaminis die Griechen zu einem "Nein zum (von der Regierung verlangten) Nein" auf. Der sozialistische Pasok-Politiker kritisierte, das Referendum polarisiere die Griechen. Der Bürgermeister von Thessaloniki, Yannis Boutaris, spricht von einer drohenden Spaltung in Griechenland. "Ich hoffe, sie werden eine Lösung ohne Referendum finden".
15:27 MEZ: Mit einem Crowdfunding-Projekt will ein britischer Schuhverkäufer den vom Staatsbankrott bedrohten Griechen unter die Arme greifen. Bis 15:27 spendeten mehr als 8000 Menschen knapp 130.000 Euro - insgesamt müssten gut 1,5 Milliarden Euro zusammenkommen, die Athen an den Internationalen Währungsfonds (IWF) zahlen muss. Wenn jeder der 503 Millionen Europäer den Gegenwert eines "Salats mit Schafskäse und Oliven" spende, käme die Summe leicht zusammen, sagt Thom Feeney. Er könne verstehen, wenn manche das Projekt für einen Witz hielten, sagt Feeney, "aber Crowdfunding kann wirklich helfen".
15:18 Uhr MEZ: Bei einer Einigung mit Griechenland könnte der Bundestag nach Angaben von SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann auch in der Sommerpause kurzfristig in einer Sondersitzung darüber beraten. "Wir sind jederzeit dazu bereit", sagt Oppermann vor einer Fraktionssitzung in Berlin. Er lobt den Vorstoß von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, in letzter Minute vielleicht eine Lösung mit dem Athener Regierungschef Alexis Tsipras zu finden: "Es ist ein letzter Appell an die Vernunft von Herrn Tsipras, doch noch Verantwortung zu übernehmen."
15:10 Uhr MEZ: Grünen-Chef Cem Özdemir ruft die griechische Bevölkerung, bei dem am 5. Juli geplanten Referendum für das Hilfspaket der Geldgeber zu stimmen. Es müsse alles getan werden und den Menschen in Griechenland geholfen werden, Teil der EU und der gemeinsamen Währung zu bleiben. "Ich hoffe, die griechische Bevölkerung weiß, dass wir das alle gemeinsam meistern müssen", sagte Özdemir in Berlin. "Die Griechen können die Krise mit europäischer Unterstützung und eigener Anstrengung sehr wohl bewältigen."
15:01 Uhr MEZ: Finanzstaatssekretär Thomas Steffen befürchtet kaum Ansteckungsgefahren für das deutsche Finanzsystem. "Die Risiken aus der jüngsten Entwicklung in Griechenland sind bedeutend für Griechenland, für das deutsche Finanzsystem bestehen jedoch kaum mehr bedeutsame Ansteckungskanäle", erklärt Steffens nach der Sitzung des Ausschusses für Finanzstabilität. "Daher schätzen wir die Risiken als gering ein."
14:55 MEZ: Die Staatsdruckerei beginnt mit dem Druck der Stimmzettel, damit diese rechtzeitig auf die Wahllokale verteilt werden könnten, wie das Innenministerium mitteilt. Zudem ist die Formulierung der Frage der Volksabstimmung bekannt. Der Text des Referendums ist kompliziert: "Soll der gemeinsame Plan angenommen werden, den die Europäische Kommission, die Europäische Zentralbank und der Internationale Währungsfonds bei der Eurogruppe am 25. Juni vorgelegt haben?", heißt es zunächst. Anschließend wird ausgeführt, dass der Plan aus zwei Teilen bestehe, wobei die englischen Titel der Dokumente mit ihrer griechischen Übersetzung genannt werden: "Reformen zum Abschluss des laufenden Programms und darüber hinaus" und "Vorläufige Analyse der Tragfähigkeit der Schulden". Die Wähler haben sodann die Wahl zwischen "Nein" und "Ja", wobei erstere Möglichkeit oben steht. Diese Reihenfolge ist ebenso ungewöhnlich wie die Tatsache, dass eine Regierung eine Frage zur Abstimmung stellt und dabei zum "Nein" aufruft, wie Ministerpräsident Alexis Tsipras dies am Samstag tat.
14:39 MEZ: Die Regierung Griechenlands plant nach Darstellung eines Oppositionspolitikers die Rückkehr zur Drachme. "Es gibt schon ein Team im Amt des Ministerpräsidenten, mit Personal vom Rechnungshof, das zurzeit an der Drachme arbeitet", sagt der Abgeordnete Haris Theoharis von der Zentrumspartei To Potami im Parlament. Der linke Regierungschef Alexis Tsipras reagiert verärgert auf die Äußerungen des früheren Chefs der Steuerbehörde und spricht von "Hirngespinsten".
14:36 Uhr MEZ: Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier und Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg warnen vor Auswirkungen der Schuldenkrise auf das Verteidigungsbündnis. Bei der Krise handele es sich "nicht nur um eine finanzpolitische Angelegenheit der Europäischen Union", sagte Steinmeier an der Seite Stoltenbergs nach einem Festakt zum 60. Jahrestag des deutschen Nato-Beitritts in Berlin. Es müssten auch "die strategischen Konsequenzen im Blick" behalten werden. Die EU müsse den "Beweis der Lösungskompetenz" antreten, auf den das Ausland außerhalb der EU-Grenzen schauen werde. Stoltenberg sagte, Griechenland sei "ein starker Partner" in der Nato. Die Schuldenkrise bezeichnete er als "Problem, das die Europäische Union und Griechenland zusammen lösen müssen".
14:27 Uhr MEZ: Der EU-Kommissar für Finanzstabilität, Jonathan Hill, äußert sich zuversichtlich, dass das Finanzsystem der Staatengemeinschaft jegliche Entwicklungen in Griechenland meistern wird.
14:17 Uhr MEZ: Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hat vor Unionsabgeordneten erklärt, dass Griechenland auch bei einem "Nein" beim Referendum am Sonntag in der Euro-Zone bleibt. Das sagte ein Teilnehmer der Sitzung.
14:03 Uhr MEZ: Worüber die Griechen bei dem geplanten Referendum eigentlich abstimmen sollen, ist noch immer nicht klar: Die Regierung von Ministerpräsident Alexis Tsipras hat zu diesem Vorschlag bislang keine Einzelheiten bekanntgegeben. Am 5. Juli sollen die Wahllokale im ganzen Land laut Innenministerium von 7 Uhr morgens bis 19 Uhr abends geöffnet sein. Wann Ergebnisse bekanntgegeben werden, war zunächst offen. Nach Angaben des Innenministers Nikos Voutsis kostet das Referendum rund 20 Millionen Euro - halb so viel wie die Parlamentswahlen im Januar. Wahlberechtigt sind rund 9,8 Millionen Griechen über 18 Jahre.
13:45 Uhr MEZ: Bundeskanzlerin Angela Merkel sieht keine Chancen für eine Einigung mit Griechenland in letzter Minute. "Heute Abend, genau 24.00 Uhr mitteleuropäischer Zeit, läuft das Programm aus. Und ich kenne keine belastbaren anderen Hinweise", sagt Merkel in Berlin. Aber auch nach Auslaufen des zweiten Hilfsprogramms werde Europa die Gesprächsfäden mit Griechenland nicht kappen. Die Tür stehe weiter offen.
13:13 Uhr MEZ: Griechenland wird laut dem griechischen Finanzminister Yanis Varoufakis die am Dienstag fällige Rückzahlung an den Internationalen Währungsfonds über 1,6 Milliarden Euro nicht leisten.
12:53 Uhr MEZ: Der griechische Regierungschef Alexis Tsipras, EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und EZB-Präsident Mario Draghi haben einem Regierungsvertreter zufolge telefoniert. Details zu dem Telefonat sind zunächst nicht bekannt.
12:46 Uhr MEZ: Ein deutscher Regierungsvertreter schließt eine Verlängerung des laufenden Hilfspakets für Griechenland aus. Dafür sei es "zu spät".
12:25 Uhr MEZ: Die Tür für eine Einigung mit Griechenland steht nach Angaben der EU-Kommission nach wie vor offen. Dazu müssten müssten die Vorschläge der Gläubiger akzeptiert werden, bislang gebe es aber keine Bewegung seitens Athens.
11:27 Uhr MEZ: Griechenlands Ministerpräsident Alexis Tsipras zieht laut einem Bericht der Zeitung "Kathimerini" den jüngsten Vorschlag von EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker in Betracht.
11:10 Uhr MEZ: Die Lösung der griechischen Schuldenkrise ist nach Ansicht des russischen Präsidialamts keine Aufgabe für die Regierung in Moskau. Das müsse Griechenland zusammen mit seinen Gläubigern machen, sagt ein Sprecher.
10:25 Uhr MEZ: Der spanische Ministerpräsident Mariano Rajoy warnt vor den Folgen eines "Grexit": Wenn ein Land aus der Euro-Zone austrete, könnte dies einen Präzedenzfall für andere schaffen, dies in Zukunft auch zu tun.
10:08 Uhr MEZ: Italien setzt auf eine einvernehmliche Lösung der griechischen Schuldenkrise. Der italienische Wirtschaftsminister Pier Carlo Padoan sagte, die Regierung in Rom hoffe auf eine kooperative und wachstumsorientierte Lösung.
09:58 Uhr MEZ: Der griechische Außenminister Nikos Kotzias erklärt amtlichen Angaben aus China zufolge, dass sein Land in der europäischen Währungsunion bleiben wird. Kotzias sagte laut der Internetseite des Pekinger Außenministeriums gegenüber dem chinesischen Botschafter in Griechenland, Zou Xiaoli: "Griechenland wird die Euro-Zone nicht verlassen".
09:45 Uhr MEZ: Das gewerkschaftsnahe IMK-Institut schlägt zur Lösung des festgefahrenen Schuldenstreits zwischen Griechenland und seinen Gläubigern einen Schlichter vor. Geeignet dafür seien etwa OECD-Generalsekretär Angel Gurria oder die Spitze der Internationalen Arbeitsorganisation ILO, sagt IMK-Direktor Gustav Horn.
08.13 Uhr MEZ: Griechenland wird nach Angaben des Finanzministeriums von Mittwoch bis Freitag rund 1000 Bankfilialen für Rentner öffnen. Viele ältere Griechen nutzen keine Geld- oder Kreditkarten, um Geld abzuheben.
08:05 Uhr MEZ: Der französische Finanzminister Michel Sapin stellt Griechenland bei einem "Ja" im Referendum weitere Verhandlungen mit den Gläubigern in Aussicht. Zugleich betont Sapin, bei einem "Nein" komme man in unbekanntes Territorium. Sapin ergänzt, ein Grexit sei "kein Drama für den Rest Europas".
stu/sc (afp, dpa, rtr)