Neue Führung?
29. November 2007Die größte Fraktion, die antisyrische Zukunftsbewegung von Saad Hariri, ließ am Mittwoch (28.11.2007) ihren Widerstand gegen General Michel Suleiman fallen, wie der Abgeordnete Ammar Houry mitteilte. Der 59-jährige Armeechef Suleiman gilt als Persönlichkeit, die in der Lage ist, die Spannungen zwischen dem antisyrischen Lager und der prosyrischen Hisbollah zu überbrücken. Für seine Wahl ist allerdings eine Verfassungsänderung erforderlich, da das Grundgesetz bislang die Wahl eines amtierenden Kommandeurs zum Staatspräsidenten untersagt.
Der Durchbruch kam nur einen Tag nach der Nahost-Konferenz in Annapolis in den USA, an der auch Syrien teilgenommen hatte. Es war schon erwartet worden, dass sich die Verbesserung der Beziehungen zwischen den USA und Syrien auch positiv auf die Lage im Libanon auswirken würde, wo die Regierung in Damaskus einen starken Einfluss ausübt. Das Land ist seit Samstag ohne amtierenden Staatspräsidenten, nachdem die Amtszeit von Emile Lahoud abgelaufen war. Das Parlament war bislang nicht in der Lage, sich auf einen Nachfolger zu verständigen. Immer wieder war die Wahl verschoben worden.
Monatelang hatte sich die antisyrische Regierungsmehrheit von Ministerpräsident Fuad Siniora und die Opposition gegenüber gestanden. Dabei baut Siniora vor allem auf die Unterstützung Frankreichs und der USA. Die prosyrische Hisbollah, die die Opposition anführt, stimmt ihre Position dagegen eng mit Damaskus und Teheran ab. Sie hatte den Ex-General Michel Aoun als Kandidaten auf den Schild gehoben. Nach der Verfassung des Libanons, der unter starkem Einfluss seines großen Nachbarlandes Syrien steht, sind die höchsten Staatsämter verschiedenen Konfessionen zugeteilt. Danach muss der Präsident ein maronitischer Christ sein, der Regierungschefs ein sunnitischer Muslim und der Parlamentspräsident ein Schiit. Die Amtszeit des bisherigen pro-syrischen Präsidenten Lahoud war am Freitag um Mitternacht zu Ende gegangen.
Weitere Verdächtige im Mordfall Hariri identifiziert
Derweil zeichnen sich offenbar auch bei der Aufklärung des Mordes an dem früheren libanesischen Ministerpräsidenten Rafik Hariri Fortschritte ab: Wie UN-Sonderermittler Serge Brammertz dem Weltsicherheitsrat am Mittwoch in einem Zwischenbericht mitteilte, seien in den vergangenen vier Monaten weitere mutmaßliche Tatbeteiligte identifiziert worden. Es gebe Beweise, dass die Täter oder Tätergruppen noch immer in Beirut operierten. Ihnen stünden Fachwissen, Ausrüstung und Geldmittel zur Verfügung, heißt es in dem Bericht. Weitere Einzelheiten oder Namen wurden nicht genannt.
Hariri und 22 weitere Personen waren am 14. Februar 2005 bei einem Bombenattentat in Beirut ums Leben gekommen. Als Drahtzieher des Attentats werden syrische Funktionäre verdächtigt. In den vergangenen Jahren wurden im Libanon weitere Syrien-kritische Politiker und Journalisten Opfer von Anschlägen. Zuletzt war am 19. September Antoine Ghanem, ein Abgeordneter der libanesischen Nationalversammlung, bei einem Attentat getötet worden. Syrien, das die Vorwürfe bestreitet, zog sich nach Druck aus dem Westen und dem Libanon selbst kurz nach dem Attentat aus dem Nachbarland zurück. Die UNO hatte mit der Resolution 1757 eine Untersuchung der Ermordung Hariris beschlossen.
Das 21-seitige Dokument ist letzte Bericht, der unter der Leitung des belgischen Staatsanwalt Serge Brammertz angefertigt wurde. Brammertz wird ab dem 1. Januar neuer Chefankläger des UN-Kriegsverbrechertribunals für Ex-Jugoslawien. Sein Nachfolger im Hariri-Fall soll der Kanadier Daniel Bellemare werden. (ina)