1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Eklat um Lewitscharoff-Rede

6. März 2014

Sie gilt als eine der wichtigsten deutschen Schriftstellerinnen. Mit einer Rede gegen künstliche Befruchtung hat Sibylle Lewitscharoff jetzt Empörung ausgelöst. Dennoch hält sie an ihren Äußerungen fest.

https://p.dw.com/p/1BLTV
Die Schriftstellerin Sibylle Lewitscharoff (Foto.dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Mit einer Brandrede gegen künstliche Befruchtung hat die renommierte Schriftstellerin Sibylle Lewitscharoff für einen Eklat gesorgt. Bei einem Auftritt in Dresden bezeichnete sie im Reagenzglas gezeugte Kinder als "Halbwesen". "Nicht ganz echt sind sie in meinen Augen, sondern zweifelhafte Geschöpfe, halb Mensch, halb künstliches Weißnichtwas", erklärte die 59-Jährige laut Redemanuskript.

Nazi-Vergleich

Angesichts der heutigen Reproduktionsmedizin kämen ihr die "Kopulationsheime", die die Nazis eingerichtet hätten, "um blonde Frauen mit dem Samen von blonden blauäugigen SS-Männern zu versorgen, fast wie harmlose Übungsspiele vor", sagte Lewitscharoff weiter. Die Reproduktionsmediziner nannte sie "Frau Doktor und Herr Doktor Frankenstein". Das biblische Onanieverbot sei mit Blick auf die Samenspende "geradezu weise".

Lewitscharoff hatte die Rede bereits am Sonntag im Staatsschauspiel Dresden gehalten. Sie ist aber erst jetzt durch einen offenen Brief des Chefdramaturgs des Theaters, Robert Koall, einer breiten Öffentlichkeit bekanntgeworden. In seinem Schreiben wirft Koall der Autorin gefährliche Stimmungsmache und indirekt die Verletzung der Menschenwürde vor. Der deutsche Lesben- und Schwulenverband und die Berliner Akademie der Künste reagierten schockiert auf die Äußerungen Lewitscharoffs. Der Suhrkamp-Verlag, der ihre Bücher herausbringt, ging auf Distanz.

Büchner-Preisträgerin

Literatur-Ehrung für Lewitscharoff

Lewitscharoff die für ihre wortmächtigen Werke gerühmt wird, war 2013 mit dem Georg-Büchner-Preis ausgezeichnet worden, dem bedeutendsten deutschen Literaturpreis. Die Jury würdigte sie damals als eine Schriftstellerin, "die in ihren Romanen mit unerschöpflicher Beobachtungsenergie, erzählerischer Phantasie und sprachlicher Erfindungskraft die Grenzen dessen, was wir für unsere Wirklichkeit halten, neu erkundet und in Frage stellt".

In der Online-Ausgabe der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (FAZ) verteidigte die 59-Jährige ihre Äußerungen. "Nein, ich will es nicht zurücknehmen", sagte sie. Allerdings habe sie auch klargemacht, dass ein künstlich gezeugtes Kind nichts dafür könne. "Niemals würde ich einem Kind, das auf solchen Wegen entstanden ist und das mir sympathisch ist, meine Zuneigung verweigern", sagte die Schriftstellerin.

Zudem habe sie ihre Rede damit begonnen, dass ihr Vater ein Gynäkologe gewesen sei, der sich umgebracht habe, erklärte Lewitscharoff. "Ich gebe doch den Menschen im Publikum damit zu verstehen, dass ich anders auf diese Themen reagiere, schärfer und auch persönlicher."

wl/zam (dpa)