Letzte deutsche Soldaten verlassen Incirlik
28. September 2017"Einzigartig in der Geschichte der Bundeswehr." So nennt der Kommandeur des deutschen Truppenkontingents, Oberst Stefan Kleinheyer, die Verlegung des deutschen Einsatzkommandos. Für den Offizier handelt es sich um eine "Mammutaufgabe". Wie die Bundeswehr in Berlin mitteilte, haben die letzten Soldaten der Bundeswehr den Luftwaffenstützpunkt Incirlik im Süden der Türkei verlassen. Der vorgesehene Umzug nach Jordanien werde Anfang Oktober abgeschlossen sein.
Insgesamt werden rund 260 Soldaten, ein Tankflugzeug und "Tornado"-Aufklärungsflugzeuge verlegt. Vom jordanischen Stützpunkt Al-Asrak aus wollen die deutschen Soldaten dann ihre Aufklärungsflüge im Kampf gegen die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) in Syrien und im Irak wieder aufnehmen.
Der Bundestag hatte im Juni den Abzug der Bundeswehr vom Luftwaffenstützpunkt Incirlik in Richtung Jordanien beschlossen. Grund war ein wiederholtes Besuchsverbot der türkischen Regierung für Bundestagsabgeordnete bei den dort stationierten Soldaten. Die Bundesregierung und der Bundestag pochen vehement auf das Besuchsrecht für Abgeordnete bei deutschen Soldaten im Ausland, weil die Bundeswehr eine sogenannte Parlamentsarmee ist. Das bedeutet, über Einsätze der Streitkräfte entscheidet das Parlament und nicht die Regierung.
Erfolgreiche Visite in Konya
Ebenfalls nach langem Streit konnte dagegen eine Delegation aus sieben Abgeordneten des Bundestags Anfang September ein anderes deutsches Kontigent besuchen, das auf dem türkischen Luftwaffenstützpunkt Konya stationiert ist. Anders als Incirlik ist Konya ein NATO-Stützpunkt. Die Reise war auf Vermittlung von NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg zustande gekommen, nachdem die türkische Regierung den Abgeordneten Anfang Juli die Erlaubnis für einen geplanten Besuch verweigert hatte.
Der SPD-Abgeordnete Rainer Arnold sagte AFP nach dem Besuch, sie seien "hochrangig empfangen" worden und die türkische Seite sei "sichtlich um Entspannung bemüht" gewesen. Die türkischen Gesprächspartner hätten "Verständnis für den verfassungsmäßigen Auftrag" des Bundestags gezeigt, die im Ausland stationierten Soldaten zu besuchen. Somit sei die Visite ein "Schritt in die richtige Richtung" gewesen. Arnold forderte, eine dauerhafte Lösung zu finden, um den Abgeordneten ihr Besuchsrecht zu garantieren.
Wichtiger Awacs-Auftrag
Auf dem Militärflughafen in Konya sind mehrere Awacs-Aufklärungsflugzeuge der NATO stationiert, die für die internationale Koalition gegen den IS in den Nachbarländern Irak und Syrien im Einsatz sind. Rund ein Drittel der Besatzungen der Flugzeuge besteht aus Deutschen. Da sie Teil einer NATO-Einheit sind, kann die Bundesregierung nicht allein über ihren Abzug entscheiden.
Die Beziehungen zwischen den NATO-Partnern Türkei und Deutschland sind seit dem Putschversuch in Ankara auf einem Tiefpunkt angelangt. Aktuell sind zehn Deutsche - darunter der "Welt"-Korrespondent Deniz Yücel - in der Türkei in Haft, weil ihnen politische Vergehen vorgeworfen werden. Die Regierung in Ankara ist verärgert, weil türkische Soldaten, die Ankara als Putschisten verdächtigt, in Deutschland Asyl erhalten haben.
kle/haz (afp, dpa, rtr)